Von der smarten Idee zur Serienfertigung – nachhaltige Mikromobilitätskonzepte werden im Erzgebirge umgesetzt
Das stetig wachsende Verkehrs- und Warenaufkommen in den immer größer werdenden Städten und Ballungsräumen fordert neue Mobilitätskonzepte. Jede Woche ziehen weltweit rund 1,3 Millionen Menschen in Städte; das entspricht im Jahr 2040 einem urban lebenden Bevölkerungsanteil von 65 Prozent. Die Folge sind überlastete „Megacitys“, in welchen nicht nur das Verkehrssystem vor dem Zusammenbruch steht, sondern auch die Umweltbelastung eine dramatische Entwicklung nimmt. Aber auch im ländlichen Raum, in dem der öffentliche Personen- und Nahverkehr nur dank hoher finanzieller Unterstützung aufrechterhalten werden kann, stellt sich die Frage nach nachhaltigen Lösungen. Die Mobilität befindet sich in einem rasanten Wandel – sowohl die individuelle als auch die im gewerblichen Kontext genutzte Mobilität. Hier setzt die Mikromobilität – einer der größten Wachstumsmärkte der Zukunft – an. Denn sowohl beim Transport von Waren und Gütern als auch im ÖPNV haben Kleinfahrzeuge ein hohes Potenzial.
Nachhaltigkeit durch Langlebigkeit
Ein wesentlicher Aspekt der Nachhaltigkeit ist es, Bauteile nur dann auszutauschen, wenn es notwendig ist. Gleichzeitig muss im Sinne der Sicherheit gewährleistet sein, dass der Austausch nicht zu spät erfolgt. Insofern ist der richtige Zeitpunkt für diese Entscheidung Dreh- und Angelpunkt einer effizienten und nachhaltigen Strategie. Im Ergebnis von SmartSTRAT soll es gelingen, dass Bauteile, aus denen Mikromobile zusammengesetzt sind, erst dann Alarm schlagen, wenn Überlastung oder Schädigungen drohen, so dass die Lebensdauer der Produkte verlängert wird. Das Projekt soll nun am Beispiel einer Rahmenstruktur für leichte Elektrofahrzeuge binnen der nächsten drei Jahre umgesetzt werden. Ein damit verbundener modular aufgebauter Prüfstand weist unkompliziert Betriebs- und Überlasten nach, so dass effektiv Fehler am Rahmen oder der Sensorik erkannt und gemeldet werden können.
Die Lösung basiert auf innovativen und bereits erprobten Mobilitätskonzepten der CIP Mobility GmbH aus München, welche dem Projektteam eine Pionierstellung im globalen Marktumfeld verschaffen. Mit einer Mikro-eMobilitätslösung für kommunale und gewerbliche Kunden namens „mocci“ schafft das Unternehmen eine neue Fahrzeugklasse und setzt Maßstäbe: Smart Pedal Vehicles (SPV). Die nachhaltige und smarte Flotten-Produktlösung basiert auf einer intelligenten Hardware- und Softwareplattform. Um den hohen Produktanforderungen gerecht zu werden, hat CIP unter anderem mit der TU Chemnitz einen kompetenten Entwicklungspartner gewonnen. Deren Kompetenz im Bereich hochleistungsfähiger Materialien und messbarer Produktionsmethoden trug entscheidend zu Realisierung des Fahrzeuges bei. Seit 2014 befasst sich die Professur „Strukturleichtbau und Kunststoffverarbeitung“ der TU Chemnitz in Netzwerken und Forschungsclustern in Zusammenarbeit mit dem Steinbeis Forschungszentrum für Automatisierungskonzepte für Leichtbauprozesse mit den Schlüsseltechnologien zum Themenkomplex Leichtbau. Langjährige Erfahrungen aus der Produktionsmethodik von Automobil- und Bahnindustrie werden damit auf die Mikromobilität übertragen.
Nachhaltigkeit durch regionale Produktion
Ergänzt wird das Projektteam durch die erzgebirgischen Unternehmen Mogatec Moderne Gartentechnik GmbH Drebach und Hugo Stiehl GmbH Kunststoffverarbeitung Crottendorf, deren auf Nischen spezialisierte Umsetzungskompetenz gezielt mit dem Know-how der CIP Mobility und dem wissenschaftlichen Partner TU Chemnitz verknüpft wird. Basierend auf zwei- bis vierrädrigen Kleinfahrzeugen, wie E-Bikes, Lastenrädern oder anderen innovativen Konzepten, werden die Fahrzeuge von „mocci“ je nach Verkehrsraum und Anwendungsfall (Fortbewegung, Warentransport, Dienstleistungserbringung oder Flottenfahrzeuge) spezifisch angepasst. Dies führt zu einer Vielfalt an Modellvarianten, die nur durch intelligente Plattform- und Baukastensysteme kosten- und ressourceneffizient gefertigt werden können. Durch eine regionale und nachhaltige Produktion „Designed, Engineered and Made in Germany“ bei leistungsfähigen Zulieferbetrieben in der Wirtschaftsregion Erzgebirge werden bestehende Kooperationen genutzt, um auf diesem Gebiet zusammenzuarbeiten. „Wir bringen unsere Kompetenz im Bereich der Entwicklung und Herstellung innovativer Bauteil- und Antriebskonzepte aus unserem Garten- und Forstgerätesegment in SmartSTRAT ein. Akkusysteme gewinnen dabei zunehmend an Bedeutung. Die dort integrierten Grundprinzipien sind ohne weiteres auf kompakte Systeme für Mikromobilitätsanwendungen übertragbar. Ziel ist es, die Entwicklungen in eine wirtschaftliche Serienfertigung zu überführen“, so Mogatec-Geschäftsführer Tobias Wetzel .
Nachhaltigkeit durch verbesserte Recyclingfähigkeit
Waren es früher ca. 2.000 Teile, aus denen bislang bspw. ein Fahrrad zusammensetzt wurde, wird allein das Rad samt Speichen in Zukunft nur noch aus einem Teil bestehen und dank integrierter Sensoren und Aktoren trotzdem eine höhere Funktionalität aufweisen. Nicht nur die Produktion ist durch kürzere Montagezeiten und eine geringere Störanfälligkeit ressourcenschonender. Auch im Recyclingprozess kann der verwendete Kunststoff – selbstverständlich ohne Lackierung hergestellt – vollständig wiederverwertet werden.
Die Bündelung des Erfahrungsschatzes aus Wissenschaft und Wirtschaft, um Wissen branchen-übergreifend und überregional im Projekt SmartSTRAT zu verknüpfen, wird für die Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Lösung von Mikromobilitätskonzepten leisten.
Hintergrund:
SmartERZ ist ein Netzwerk von aktuell über 180 Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Ziel des Bündnisses ist die Initiierung eines innovationsgetriebenen Strukturwandels in der Wirtschaftsregion Erzgebirge. Der Fokus liegt dabei auf der Funktionalisierung von innovativen Werkstoffverbunden (Composites). Das enorme Innovations- und Wachstumspotential derartiger Materialien nutzt die Region Erzgebirge zur Transformation zum Hightech-Standort.
SmartERZ versteht sich als branchen- und unternehmensübergreifendes Technologiecluster, das langfristig regionale Wertschöpfung generiert. Hauptinitiatoren sind die Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH als Bündniskoordinator und die TU Chemnitz. Das Bündnis wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programmes „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ gefördert.