Wenn Rastlosigkeit eine Heimat findet

22.04.2022

Die Alte Brauerei in Annaberg-Buchholz ist ein Ort, an dem man sich schon vor Jahren mit seinen Freunden auf eine Vita Cola traf. So auch Annett Löser.

Sie traf vor ein paar Jahren zusammen mit dem FABMOBIL, ein mit Digitaltechnik und Werkzeugmaschinen ausgestatteter Doppeldeckerbus, nach langer Zeit wieder in der Alten Brauerei ein. Aufgrund des großen Zuspruchs und der guten Infrastruktur in der Alten Brauerei etablierte sich daraus ein dauerhaftes Lokallabor, eines von drei Laboren in Sachsen, das im September 2021 eröffnet wurde. Zwischen der Vita Cola und dem vorfahren des FABMOBILS auf den Brauereihof, liegen für Annett jede Menge Erfahrungen und vor allem viele Flugmeilen: München, Nepal, Israel, Indien, Mexiko, zwischendrin immer wieder mal ein bisschen Dresden, um der erzgebirgischen Heimat etwas näher zu sein, nur um dann doch wieder in die Ferne zu schweifen.

Einmal Geyersdorf - München - Nepal - Israel - Indien - Mexiko - Dresden und zurück, bitte!

Die Stationen ihres Lebens erzählt sie im Schnelldurchlauf. Ob sie sich als rastlos bezeichnet? „Rastlos“ – welchen negativen Klang dieses Wort oftmals hat. Dabei beschreibt es einen Antrieb tief im Inneren nach Neuem, nach Wegziehen und Heimkommen. Und ja, genau das war Annett die ersten Jahre – fast ein Jahrzehnt lang – nach ihrem Schulabschluss. Rastlos. Hauptsache erstmal weg und zwar weit. Raus in die Welt. Von Geyersdorf nach München. Vom Dorf in die Großstadt. Das war zumindest eine Veränderung, die sich anhand von Einwohnerzahlen belegen ließ. “Ich war 16 und hatte keine Ahnung von der Welt. Es war großartig.“

Ich war 16 und hatte keine Ahnung von der Welt. Es war großartig.

Von allem ein bisschen

Egal, ob beim Unterrichten im buddhistischen Kloster, während des Studiums an der Bezalel Academy in Jerusalem oder unterwegs in Mexiko – die Sehnsucht nach dem Erzgebirge hat sie immer wieder ein Stück Richtung Heimat gelockt. Einen inneren Kompromiss, sozusagen eine Abmachung mit sich selbst, traf sie, indem sie Dresden als Heimstation wählte. Vereint es für sie doch ein bisschen Großstadt und die Nähe zum Erzgebirge.

Aber von allem ein bisschen, ist eben auf Dauer auch nichts Ganzes. Und deshalb gab sie ihrer Heimat eine zweite Chance. „Wenn ich zwischen meinen Reisen zu Hause war, hat es sich immer nach Weiterziehen angefühlt. Bis es sich eines Tages nach Ankommen angefühlt hat.“, so Annett Löser.

Ein Ort zum Gestalten

Was von der Rastlosigkeit übriggeblieben ist? Das Antreiben von neuen Dingen. „Auf dem Land kann man noch neue Dinge gestalten. In der Großstadt ist immer alles schon hip und cool.“ Vielleicht ein bisschen mehr als ein glücklicher Zufall ist es, dass Annett genau dafür im Lokallabor Annaberg Raum für Ideen und Platz für Neues zu schaffen bekommt. Bastian Krupp entwickelt mit dem Lokallabor einen Ort für junge Menschen, an dem sie sich ausprobieren und Vertrauen in ihre Talente entwickeln können. In Workshops können eigene Roboter gebaut, ein 3D Drucker ausprobiert, ein Animationsfilm erstellt oder sich einfach mit Freunden nach der Schule getroffen werden.

Ganz wie in alten Zeiten also? Nicht ganz. Die Jugendlichen sollen viel mehr selbst bestimmen dürfen, das Lokallabor mit ihren Ideen füllen und Verantwortung, auch über die Finanzen, übernehmen.
Die Vita Cola ist geblieben.

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