Unternehmen wollen Hinhaltepolitik Paroli bieten

Die Wirtschaft im Erzgebirge hat ein neues Sprachrohr: die Regionalversammlung der Industrie - und Handelskammer.

VON ANDREAS LUKSCH

STOLLBERG / ANNABERG-BUCHHOLZ - Rein zahlenmäßig hat die Wirtschaft des Erzgebirgskreises gegenüber den anderen Landkreisen in Südwestsachsen schon längst die Nase vorn. Weder Zwickau (16.228 Unternehmen), Mittelsachsen (15.333), Chemnitz (14.888) geschweige denn das Vogtland (12015) können dem Erzgebirgskreis das Wasser reichen. Mit 17.591 vor allem mittelständischen Unternehmen rangiert die Region unangefochten an der Spitze. Doch selbst in der Industrie- und Handelskammer Chemnitz (IHK), der Interessenvertretung der Wirtschaft in Südwestsachsen, kam dieses Gewicht bislang nur ungenügend zum Tragen.

"Chemnitz hat sich nur wenig fürs Erzgebirge interessiert", blickt Gert Bauer kritisch zurück - doch nunmehr umso optimistischer nach vorn. Der 49-Jährige ist Geschäftsführer der Curt Bauer GmbH Aue und seit kurzem nicht nur Vizepräsident der IHK Chemnitz, sondern auch Präsident der Regionalversammlung Erzgebirge. Dieses Gremium war vergangenes Jahr in Reaktion auf die Kreisgebietsreform ebenso wie die Regionalversammlungen Mittelsachsen und Chemnitz geschaffen worden, um die Zusammenarbeit in den jeweiligen Regionen zu stärken.

"Wir wollen vor allem mehr Druck aufbauen, damit die Politik unsere Probleme im Erzgebirgskreis endlich ernst nimmt", so Bauer kämpferisch. Dafür sollen alle Aktivitäten und Kräfte vor Ort gebündelt werden. Um sich mit Argumenten zu wappnen, wurden jetzt zwei Arbeitsgruppen für jene Probleme gebildet, die den Unternehmen derzeit am meisten auf den Nägeln brennen. Die eine soll sich mit der Verkehrsinfrastruktur beschäftigen, die andere mit dem Problem Breitbandversorgung.

"In den vergangenen Jahren passierte da eindeutig zu wenig", so Roland Richter, Geschäftsführer der Regionalverkehr Erzgebirge GmbH. Noch immer fehle der durchgängige Erzgebirgsschnellweg von Olbernhau bis nach Aue. Beim Autobahnzubringer nach Scheibenberg klemmt es. Ab er auch der verzögerte Ausbau der A 72 nach Leipzig behindere die Wirtschaft. Und obwohl der Erzgebirgskreis das längste Stück Grenze zu Tschechien habe, gebe es mit Reitzenhain nur einen Grenzübergang für Gütertransporte. "Kein Wunder, dass Lkw Schleichwege nutzen", kann Richter Bürgerfrust verstehen. Auch die Unterversorgung bei moderner Datenübermittlung werde immer mehr zum Standortnachteil. "Kein Unternehmen, was vorn mitmischen will, versendet Daten noch per CD", so Mike Bielagk , Geschäftsführer des Kabeljournals. Die Kehrseite: Firmen müssen sich mit teuren Einzellösungen, etwa Richtfunk, behelfen.

Noch in diesem Jahr möchte die Regionalversammlung Erzgebirge ein erstes Zeichen setzen. "Wenn wir nicht abgehängt werden wollen, dürfen wir als Unternehmer im Erzgebirge nicht länger ruhig bleiben", kündigte Bauer an.

Quelle: Freie Presse, Ausgabe Stollberger Zeitung, 21.09.2011