Syrischer Fachmann arbeitet sich in Betrieb bestens ein
Mit seiner Familie ist Waleed Zeitoun aus Aleppo geflohen. In Gelenau hat der Ingenieur bei der Sigma Medizin-Technik eine neue berufliche Heimat gefunden. Sein Chef schätzt dessen Erfahrungen. Gelenau. Konzentriert schaut Waleed Zeitoun auf seinen Bildschirm, vergleicht die Eintragungen in einer Tabelle mit seinem handschriftlichen Zahlenwerk, nimmt Korrekturen vor und ergänzt die dazugehörigen Serviceleistungen. Lettland und Korea stehen als Geschäftstermine in seinem Kalender. "Beide sind für zukünftige Geschäftsbeziehungen sehr wichtig und ich möchte gut vorbereitet in den Flieger steigen", betont der Syrer. Seit August arbeitet Waleed Zeitoun im internationalen Vertrieb und Servicebereich für die Sigma Medizin-Technik in Gelenau, die im Gewerbegebiet Am Gründel unter der Marke Neurowerk medizinische Geräte für die neurologische Diagnosen herstellt. Neu ist die Tätigkeit für den Ingenieur, der in gleicher Funktion bereits auf 15 Jahre Vertriebs- und Servicetätigkeit verweisen kann, nicht. "Viele europäische Unternehmen kenne ich schon von meiner Arbeit in Aleppo", berichtet er. Als Bürgerkriegsflüchtlinge sind er und seine Familie vor einem Jahr aus der Stadt geflohen. "Aleppo ist die Hölle", sagt er. Seit 2012 herrscht Bürgerkrieg in der damals noch zwei Millionen Einwohner zählenden Stadt im Norden Syriens. Immer wieder hätten er und seine Frau Muzna Al Khuder auf eine friedliche Lösung des Konfliktes gehofft, wollten den Kindern die Flucht nach Europa ersparen. Vergebens. Als die flächendeckenden Bombardements ein normales Leben in der zweitgrößten Stadt des Landes unmöglich machten und seine Geschäftspartner die Kontakte mit dem Bürgerkriegsland abbrachen, floh die Familie nach Ägypten, konnte ein Flugticket nach Frankfurt ergattern und wurde nach Berlin geschickt. Nach den üblichen Einreiseformalitäten und der Teilnahme an einem Deutschkurs verschickte Waleed Zeitoun in ganz Deutschland Bewerbungen. In Gelenau wurde so Dr. Jochen Schwind auf den Experten aufmerksam. "Qualifizierte Fachkräfte sind in unserer Branche schwer zu bekommen", begründet der Geschäftsführer das erste Vorstellungsgespräch. Dass es sich dabei um einen syrischen Kriegsflüchtling mit einer Aufenthaltsgenehmigung handelt, sei sekundär. "Waleed Zeitoun hat ausreichend Erfahrungen im Vertrieb neurologischer Funktionsdiagnostik, spricht ein perfektes Business-Englisch und verfügt über hervorragende IT-Kenntnisse", ergänzt der promovierte Medizintechniker. In der unbefristeten Anstellung nach einer erfolgreichen Probezeit sieht er deshalb kein Risiko, sondern eine fachliche Bereicherung für sein 24 Mitarbeiter zählendes Unternehmen. Quelle: Freie Presse vom 23.02.2017, Matthias Degen