Langohren haben 50 Jahre geschlafen
VON GUDRUN MÜLLER
GRÜNHAINICHEN - Die drei kleinen Hasenfiguren haben selbst Fachhändler auf den jüngsten Messen Ambiente und Cadeaux in Frankfurt (Main) und Leipzig überrascht. Denn erstmals seit fünf Jahrzehnten wartet die Traditionsmanufaktur, die vor allem wegen ihrer heiteren und kindlichen Engel bekannt ist, in diesem Jahr wieder mit Osterhasenfiguren auf.
Das Besondere daran: die Form der Arme und Beine unterscheidet sich grundlegend von den Wendt-&-Kühn-Holzfiguren der vergangenen Jahre. Statt knuffiger, pummliger Gliedmaße besitzen die Hasenmusikanten flächenartige Brettchenarme und -beine. "Einige Händler fragten sogar, ob diese Neuheit wohl nicht eher eine Art Rückschritt sei", schildert Ilka Pittschaft, Verkaufsleiterin des Unternehmens, erste Reaktionen. Doch die Form sei weder ein Rückschritt, noch eine Neuheit, sondern ein Stück Tradition des Familienunternehmens. Denn bei den drei Musikanten mit Langohren handelt es sich um einen Originalentwurf der Firmengründerin Grete Wendt, den sie schon in den 1920er-Jahren gestaltet hat, erläutert Lena Tetzner, Pressesprecherin des Unternehmens.
Das Trio sei gewissermaßen eine Erinnerung an die Anfangszeit der Manufaktur, die 1915 gegründet wurde. Kurz davor schon, im Jahr 1913, entwarf Grete Wendt auch die bei einem Wettbewerb für Reiseandenken ausgezeichneten Beerenkinder mit diesen Brettchenarmen. Es sei Firmenphilosophie, Entwürfe aus dem Musterarchiv wieder neu zum Leben zu erwecken. In diesem Fall mussten die fröhlichen Langohren fünf Jahrzehnte auf ihre Wiedergeburt warten.
"Nach den anfänglichen Fragen zu den Hasen war die Resonanz überraschend gut", sagt Lena Tetzner. "Unsere hohen Erwartungen sind sogar übertroffen worden", schätzt auch Verkaufsleiterin Ilka Pittschaft ein. Zur Anzahl der neu gefertigten Hasen wollten beide jedoch keine Angaben machen.
Bei Wendt & Kühn in Grünhainichen ist zumindest in der Fertigung die Osterzeit schon wieder vorbei. Die letzten Hasen wurden Ende März hergestellt. Von den Fachhändlern begeben sich die Langohren nunmehr als Osterdekoration auf den Weg in die Wohnzimmer. "Vor allem bei Sammlern sind diese wieder entdeckten Gesellen überaus gefragt", freut sich Lena Tetzner. Zumal im kommenden Jahr das Osterhasenorchester durch weitere Musikanten ergänzt werden soll. Welche das sein werden, ist noch ein Geheimnis.
Nach der Hasenzeit bestimmen vor allem Engel und Blumenkinder wieder das Bild in den Werkstätten. In aufwändiger Handarbeit werden diese gefertigt. Das Familienunternehmen, das seit Jahresbeginn von der Komplementären Claudia Baer, geborene Wendt, und Florian Wendt geführt wird, hat derzeit 152 Beschäftigte. Die im vergangenen Jahr bei Wendt & Kühn erreichte Umsatzhöhe von über sieben Millionen Euro streben die Geschwister auch in diesem Jahr an. Quelle: Freie Presse, Ausgabe Zschopauer Zeitung, 13.04.2011