10 Fragen an Neu-Erzgebirger Jörn Beckesch

22.08.2023

Zwischen Bergen und Wäldern geht sein Glück auf

Manchmal führt einen das Leben in unerwartete Richtungen, öffnet Türen zu neuen Abenteuern und bringt einen an zuvor unbekannte Orte. So ging es auch Jörn Beckesch, einen vielseitigen Musiker, Sprecher und freien Radiojournalisten. Ursprünglich beheimatet im rheinischen Ballungsgebiet, entschied er sich Anfang des Jahres, dieses gegen die malerische Kulisse des Erzgebirges einzutauschen – und das, obwohl er es doch kaum kannte. Im Interview verrät er, warum er das Stadtleben Nordrhein-Westfalens gegen die Wälder und Berge des Erzgebirges eintauschte, wie er in kürzester Zeit eine neue Heimat fand und warum ein Ortswechsel das Leben bereichern kann.

Wann hast du dich für das Erzgebirge als Lebensmittelpunkt entschieden und welche Gründe gab es dafür?

Im Jahr 2019 besuchte ich Bekannte im Vogtland und war von der Landschaft und der Mentalität sehr angetan. Im Herbst 2022 bekam ich ein Wohnungsangebot in Frauenstein. Ich entschloss mich schließlich für den Umzug von Bergisch Gladbach nach Frauenstein im Februar 2023. Das Mietverhältnis war nicht optimal und so zog ich im April schließlich nach Rechenberg-Bienenmühle, was unter den Anwohnern auch liebevoll ReBie genannt wird.

Kanntest du das Erzgebirge denn schon gut, bevor du die Entscheidung getroffen hast?

Nein, ich war im Herbst 2022 bloß zwei Mal zu Besuch und schaute mir die Umgebung und Teile des Osterzgebirges größtenteils aus dem fahrenden Auto an.

Du kommst aus einer recht großen Stadt in Nordrhein-Westfalen mit etwas mehr an pulsierendem Stadtleben. Jetzt wohnst du eher ländlich. Beschreibe uns doch mal, was sich an deinem Leben alles verändert hat!

Seit meinem Umzug ins Osterzgebirge hat sich für mich die Lebensqualität deutlich gebessert. Ich bin im Bergischen Land in einem Dorf aufgewachsen, in Drabenderhöhe. Meine Zeit im rheinischen Ballungsgebiet hat mich auch dies gelehrt: Ich fühle mich im Dorf wohl. Hier in ReBie und meistens auch in anderen ländlichen Orten hier im Erzgebirge , hat jeder genug Platz für sich selbst. Ich vermisse weder Köln noch das rheinische Ballungsgebiet. Ich habe meine Entscheidung, ins Erzgebirge zu ziehen, keinen Tag bereut.

Was schätzt du hier besonders, was ist hier richtig „gut anders“ als im Ballungsgebiet?

Ich schätze die weitläufigen Felder, die Berge, die unterschiedlichen Wälder, die Naturapotheke in Form frei wachsender Pflanzen in direkter Umgebung. Und ich schätze die gute Luft und dass es hier etwas kühler ist als im Rheinland. In dem hiesigen Klima kann man nämlich sehr gut spazieren gehen und wandern , bis die Haxen glühen.


Jörn Beckesch liebt es, seine neue Heimat beim Wandern zu erkunden


Und was ist kurios hier?

Oh, es gab eine Situation, die aber weniger kurios als viel mehr sehr freundlich war. Ich habe mich sofort hier kulturell eingebracht und angefangen, im Chor zu singen. An einem meiner ersten Tage ging ich zur Chorprobe. Auf dem Weg grüßte ich jemanden, der mit seinem Hund Gassi ging und bedankte mich dafür, dass er seinen Hund auf die Seite zog, damit ich an ihnen vorbei gehen konnte. Wenige Wochen später begegnete ich demselben Menschen, diesmal ohne Hund, im Wartezimmer des Arztes. Er sprach mich an. Bis ich aufgerufen wurde, unterhielten wir uns und tauschten die Kontaktdaten aus. Das war ein schönes Erlebnis. Ein paar Mal musste ich schon nachfragen, denn der Dialekt ist noch ganz neu für mich. Ich mag den erzgebirgischen Dialekt. Das liegt wohl an seinen freundlichen, herzlichen Sprechern. Zudem wurde ich auch während meines Besuchs beim örtlichen Tischtennisverein herzlich und neugierig begrüßt. Das Spielen hat mir große Freude bereitet.

Was waren schwere Augenblicke, in denen du gezweifelt hast? Gab es die überhaupt bisher?

Natürlich gab es auch Augenblicke des Zweifels. Gerade in Gruppen wird man ja erstmal kritisch beäugt, bevor man aufgenommen wird. So war es auch im Chor. Nachdem wir dann aber gesungen hatten, schmolz auch das Eis langsam.


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Welchen Rat würdest du anderen geben, die auch ins Erzgebirge ziehen möchten?

Schaut, wohin ihr ziehen möchtet. Habt ihr ein Auto, seid ihr frei in der Ortswahl. Es gibt hier einige freie Wohnungen und auch einige alte Häuser, die natürlich erstmal auf Vordermann gebracht werden müssen. Schaut, was ihr arbeiten möchtet. Hier sind die starken Wirtschaftszweige vor allem Produktion, Handel, Dienstleistungen und Tourismus. Da findet jeder Willige eine Sparte für sich. Alles Weitere ergibt sich hier einfach im ganz normalen Alltag. Keine Angst - nur Mut und kommt her.

Was gibt dir hier das Gefühl, hier im Leben noch einmal angekommen zu sein und was bedeutet Heimat für dich?

Die Landschaft und die Natur hier im Osterzgebirge gleichen der im Bergischen Land doch sehr. Heimat bedeutet für mich, mich wohl zu fühlen. Heimat bedeutet für mich, Berge, Täler, Wiesen, Wälder und Bäche bei Wanderungen zu erleben. Heimat bedeutet für mich, sich gegenseitig zu helfen und gegenseitig füreinander da zu sein, Konflikte zu lösen oder sich einfach aus dem Weg zu gehen. Heimat bedeutet für mich, sich gegenseitig freundlich zu grüßen.

In seinem Podcast „Jörn unterwegs“ nimmt euch Jörn Beckesch regelmäßig mit auf seine Wanderungen, Erlebnisse und Eindrücke in seiner neuen Heimat. Hört mal rein!

zum Podcast „Jörn unterwegs“

Welche Träume hast du hier schon verwirklicht oder möchtest du noch verwirklichen?

Ich habe schon drei Träume im Erzgebirge verwirklicht: Erstens singe ich im Chor und habe mit diesem schon drei Auftritte absolviert. Zweitens gehe ich oft wandern in dieser herrlichen Natur direkt vor meiner Haustüre; und drittens habe ich schon Freunde gefunden und pflege diese Freundschaften nach Möglichkeiten. Zum anderen suche ich als Schlagzeuger andere Musiker oder eine bestehende Rock- oder Folk-Band für semiprofessionelles Spiel und Auftritte. Und ich suche Kontakt zu anderen kreativen Leuten, die sich gerne austauschen und gemeinsam Projekte durchführen wollen.

Jeder hat ja diesen einen Platz im Leben... hast du hier einen Lieblingsplatz gefunden?

Einen? Ich habe gleich mehrere Lieblingsplätze: Die kleine Bank auf dem Sandberg in Frauenstein mit dem weiten Panorama, als ich noch in Frauenstein wohnte. Die Bank am Waldrand zwischen Neuclausnitz und Clausnitz finde ich toll, weil es dort weniger windig ist und ich den begrenzten Ausblick auf die Natur des Muldentals sehr gern hab.


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