Wovon die Seele sich nährt

13.09.2022

Eine dörfliche Sportgaststätte auf den ersten Blick. Wer das Restaurant in Leukersdorf betritt,  begibt sich auf eine kulinarische Reise um die Welt.

Dörfliche Gemütlichkeit auf den ersten Blick, wenn man sich der Sportgaststätte Leukersdorf nähert. Die logischerweise direkt am Sportplatz gelegen ist. Wintergarten, Kegelbahn mit zwei Doppelbahnen, ein gut gefüllter Gastraum. Es ist Donnerstag - Spezialitätendonnerstag. Und hier kommt der feine, überraschende Unterschied zu einer normalen Dorf-Sportgaststätte mit Schnitzel, Kartoffelsalat und Soljanka. Aktuell ganz beliebt auf der Karte: eine Collage aus Pfifferlingen, Apfelspalten – gebraten in Estragonbutter – mit Linguine-Nudeln und gebackenem Rucola. Pure Genussmomente werden hier serviert, der Gaumen der Gäste wird durch ganz besondere kulinarische Freuden verwöhnt. Es sind Leckereien aus aller Herren Länder.

Die ganze Welt in einer Küche vereint

Bei aller Weltoffenheit: hier fließt eine lange Familientradition in die Küche ein. Urgroßmutter Marline Ludwig, früher selbst Inhaberin einer Sportgaststätte, ist die Königin der Rouladen und Wickelklöße. Enkelin Claudia, seit 2012 Inhaberin der Sportgaststätte, steuert ihre Kochkünste bei, die durch allerlei Lebenserfahrungen geprägt sind. Ihre Ausbildung machte die heute 41jährige im Stuttgarter Raum im renommierten Sternehaus „Adler“ in Asperg. Hier lernte sie die klassische französische Küche von der Pike auf. Aber auch italienische, asiatische, indische und kubanische Einflüsse würzen die Speisen. Für Claudia Lappöhn ist die Küche einfach ein Spielplatz der Möglichkeiten, auf dem sie mit ihrem ganzen Team viel ausprobiert. Hier lebt sie die Erinnerungen an ihre Studien-Weltreisen auf dem Teller aus. Im Jahr 2005 weilte sie zum Beispiel mit ihrem Mann Mario in Kuba, im Jahr darauf in Indien. Jeweils für drei Monate tauchten beide in die Kultur des anderen Landes - auch die Kochkultur - ein. Es ging für beide nicht nur hinaus in die Welt, sondern eben auch hinein in fremde Küchen. So lebt das Paar seine Abenteuerlust aus und stillt den Wissensdurst.

Unsere Heimat, die Erzgebirgsregion wollen wir kulinarisch für den Gast erlebbar machen. Die Geschichte wird also in leckeren Happen auf den Tellern serviert.

Wie man Historie auf den Teller bringt

Claudias Leidenschaft ist jedoch nicht aufs reine Kochen begrenzt. Immer wieder entwickelt sie Ideen, köchelt sie weiter, um sie genussreich zur Vollendung zu bringen. Das nächste Projekt in der Sportgaststätte ist in Vorbereitung. „Unsere Heimat, die Erzgebirgsregion wollen wir kulinarisch für den Gast erlebbar machen. Die Geschichte wird also in leckeren Happen auf den Tellern serviert“, erzählt die Kochkünstlerin. Jetzt, während der Vorbereitungen, geht man zum Beispiel der Frage nach, wie die verschiedenen Berggeschreye, die Besiedlungszeiten des Erzgebirges, die Kulinarik geprägt haben. Im 30jährigen Krieg etwa gewann auch hier die Kartoffel an Einfluss. Andere Bevölkerungsgruppen bevorzugten Griesgrütze mit Trockenfleisch. Die Sudeten lehrten den Erzgebirgern die Liebe zu Knödeln oder auch süßen Klößen. Noch tüftelt die Küchenmeisterin an ihrer Idee, wie sie den Gästen die Historie schmackhaft auf den Tisch bringt.


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Übernachten im Einklang mit den Elementen

Parallel werden andere Wünsche Realität. Schon zusammen mit ihrem Vater Detlef Voigt, dem vorherigen Inhaber der Sportgaststätte, wurde nach Möglichkeiten für Übernachtungsgäste gesucht. Diese setzt Tochter Claudia nun gemeinsam mit ihm und fleißigen Mithelfern um. Sechs Schiffscontainer wurden ins Gebirge gebracht und zu gemütlichen Doppelzimmern umgestaltet. Und auch hier fließen die persönlichen Erfahrungen und Recherchen der Hausherrin mit ein. Selbst durchweg Naturmensch, schafft sie Gemütlichkeit durch die Nähe zu den Elementen der Natur und findet auch hier immer einen Zusammenhang zu den Besonderheiten des Erzgebirges. So gibt es zum Beispiel ein blaues Zimmer, das natürlich das Element Wasser symbolisiert. Denn Wasser spielte schon im Bergbau eine wichtige Rolle: zum Transport, aber auch, um es aus dem Stollen herauszubringen. Mit seiner Gestaltung soll der Raum gleichzeitig an die berühmte Salzstraße, die erste wichtige Verkaufsader Richtung Böhmen, erinnern. Im rot-orangefarbenen Zimmer dominiert das Element Feuer. Damit möchte die Erzgebirgerin auf den Kohlebahnradweg im Lugau-Oelsnitzer Revier hinweisen, über den in Zeiten der Industrialisierung Steinkohle in industrielle Zentren transportiert wurden. Ockerfarbene Töne sorgen im Erdzimmer für Behaglichkeit. Das sonnengelbe Luftzimmer erzählt vom Jakobsweg. Für Claudia Lappöhn existiert aber seit kurzem noch ein fünftes Element: Der gestaltende Geist. Ein lila-farbener Urlaubstraum, der auf den „Purple Path“, den geplanten Kunstwanderweg der Kulturhauptstadt Chemnitz 2025 hinweisen soll.

Aus Wurzeln Luftschlösser bauen

Jeder Pinselstrich in den neuen Räumen, jedes Gericht auf der Speisekarte ist hier bestens durchdacht und immer mit der Region verwurzelt. Die eigenen Wurzeln stärkt die 41jährige durch ihre Familie - ihren Mann Mario und die beiden Kinder - die 11jährige Elisabeth-Marlen und den 13jährigen Benito.

Wichtiger Anker sind auch ihre Eltern:

Weil sie vor mir so vieles aufgebaut haben und heute den Rücken stärken, kann ich mit meinem Team erst die ganzen Luftschlösser umsetzen,

sagt sie und ist dankbar, dass alle im Team in die gleiche Richtung blicken.

Sportgaststätte Leukersdorf

Siedlerstraße 28

09387 Jahnsdorf OT Leukersdorf

Fon : 0371 220733

Email : einfach.mal.abschalten@sportgaststaette-leukersdorf.de

www.sportgaststaette-leukersdorf.de

Und: Nachhaltigkeit ist für die junge Köchin und auch Vorsitzende des Vereins Chemnitzer Köche ein wichtiges Thema. Zu etwa der Hälfte kauft sie die Tiere für ihre Fleischgerichte in der Region. Und verarbeitet wird wirklich alles – egal ob vom Bio-Jungbullen, Schwein oder Gans. Es gibt Braten, Steaks, Rouladen oder auch leckere Innereien-Eintöpfe und Terrinen. Claudia Lappöhn achtet in ihrem Unternehmen auf sinnvolle Kreisläufe. Und so hält die Familie selbst eben auch Wildschafe und Hütehunde. Auch wenn sie sich damit noch mehr Arbeit macht: für die 41jährige Powerfrau ist es ein Teil von Freiheit. Geerdet fühlt sich die Leukersdorferin in ihrem Familiendomizil - einer kleinen Hütte am idyllischen Greifenbachstauweiher in Geyer. Es ist ihr Ruhepol, ein ganz zauberhafter Ort. Claudia Lappöhn erzählt schmunzelnd: „Da siehst du sogar manchmal die Elfen huschen.“

Text: Manja Kraus-Blechmschmidt

Fotos: Georg-Ulich Dostmann