Wer hat die Eule nach Venusberg getragen?

13.12.2018

lumipöllö. Wie aus australischer Unbeschwertheit und finnischem Image ein erzgebirgischer Lifestyle wurde.

lumipöllö, das ist finnisch und heißt eigentlich Schneeeule – umgangssprachlich zumindest. Bereits zwei Tage, nachdem die Idee für lumipöllö entstanden war, hatte Gründer Dominic Heiße den passenden Markennamen gefunden. Cool sollte er klingen und durfte international keinerlei negative Assoziationen mit sich bringen. Deshalb suchte Dominic bewusst nach einem skandinavischen Begriff. Denn zu diesen Ländern schauen die Leute bewundernd auf, sie sind Sehnsuchtsziel, kalt genug, um dort ein warmes Stirnband zu tragen. „Und dort wird kein Fußball gespielt“, fügt er schmunzelnd hinzu.

Alles fing mit 500 Euro und einer einfachen Nähmaschine an.

Außerdem wollte Dominic auf seinen Stirnbändern, den ersten Produkten von lumipöllö, einen Tierkopf darstellen. So fügte sich das Bild und der Google-Übersetzer spuckte „lumipöllö” aus. Perfekt, denn lumipöllö ist so einzigartig und selten medial benutzt, dass Dominic mit seiner Marke nicht in einer Welle von Abertausenden Google-Suchanfragen untergehen würde. Wer lumipöllö sucht, wird die Marke aus dem erzgebirgischen Venusberg finden.

Lebensgefühl Unbeschwertheit

Inzwischen ist lumipöllö viel mehr als ein beliebiger finnischer Begriff . lumipöllö ist ein Synonym für Einzigartigkeit, Unbeschwertheit, Sportlichkeit, beschreibt es der Gründer. „Die Leute, die die lumipöllö-Sachen tragen, haben die Marke cool gemacht.” Skifahrer, Snowboarder, Mountainbiker, Motocross-Fahrer – sie sind es, die der Marke ihren Spirit geben. „Die Leute denken auch nicht – boah, jetzt hat der auch noch diese Mütze”, erzählt Dominic zufrieden. „Je mehr Leute lumipöllö tragen, desto cooler wird es. Weil jede Mütze eben ein bisschen anders ist.” Es ist eine Art kollektiver Individualismus, der die Szene verbindet und der sich auch in den Social-Media-Kanälen und den vielen Bildern der stolzen lumipöllö-Träger widerspiegelt. „Außerdem ist die Marke nicht an eine Sportart gebunden”, betont Dominic. „Es geht um den Lifestyle, ums Entspanntsein, um die Unbeschwertheit, für die die Marke steht.” Ein Gefühl, das Dominic von seiner sechsmonatigen Reise durch Australien mitgebracht hat. Seinen Erfolg und die Coolness der Marke sieht der studierte Designer aber auch klar in der Professionalität, mit der er lumipöllö von Anfang an präsentiert hat. „Es gab nie ein Bild von mir, auf dem ich an der Nähmaschine sitze. Das gibt es von Nike ja auch nicht.” Zudem sei lumipöllö nie eine Dominic-Heiße-Marke gewesen, auch wenn ihm das am Anfang einige Vorteile verschafft hätte. „Am Anfang ist es mit 50 Likes auf Facebook natürlich schwierig. Auf Dauer hätte ich mich mit lumipöllö aber immer auf den Erzgebirgskreis beschränkt, wenn ich mein Unternehmen an meine Person gebunden hätte.”

Die Leute, die die lumipöllö-Sachen tragen, haben die Marke cool gemacht.

All das erzählt mir Dominic, während wir an einem großen Tisch aus dunklem Holz in der Küche seiner Firma sitzen. Die Wände sind grob verputzt, eine weiße Hochglanz-Küchenfront mit Massivholz-Arbeitsplatte zieht sich über die gesamte Länge der Wand, an der Decke hängen mehrere nackte Glühbirnen. Nur ein Fenster mit Holzrahmen und Metallgriff und ein alter Balken des ursprünglichen Fachwerks stören das Bild des modernen Raums. Ein Kontrast, zwischen alt und neu, der sich im ganzen Haus findet. Als ich Dominic beeindruckt nach dem Interieur frage, erzählt er mir, dass er das Haus allein ausgebaut habe. Er begann vor fünf Jahren mit der Produktion im Nachbarhaus, dem Ort, an dem er aufgewachsen ist. „Alles fing mit 500 Euro und einer einfachen Nähmaschine an”, erinnert er sich. Später übernahm er das Haus seines Großvaters. „Das Haus sollte abgerissen werden. Ich habe alles erneuert und saniert.” Jetzt belegen die Produktionsräume von lumipöllö eine ganze Etage, im Flur hängt ein Bild seines Großvaters. Beim Ausbau des Hauses war es Dominic wichtig, einen interessanten Kontrast aus alten und neuen Elementen zu erzeugen. „Ich habe darauf geachtet, nicht die ganze Bude mit altem Gerümpel vollzustellen, sondern habe hier und da Akzente gesetzt. So kommen die alten Elemente erst richtig zur Geltung.”

Perfektionismus in Person

Auf seine Kaffeemaschine ist Dominic besonders stolz. Diese Kaffeemaschine war Grund genug, dass das Finanzamt kam, um die Ausgabe zu überprüfen. „Kein mittelständisches Unternehmen hat so eine Kaffeemaschine.” Doch jede erfolgreiche Zusammenarbeit beginnt mit einem guten Kaffee, weiß Dominic. Er verheimlicht nicht, dass er gerne mit Qualität beeindruckt. Und tatsächlich, einen so guten Latte macchiato, wie ich ihn im Hause lumipöllö bekomme, habe ich zuletzt in Italien getrunken. Doch nicht nur in Bezug auf Kaffee ist Dominic detailverliebt und perfektionistisch. Seit der zehnten Klasse wollte er Design studieren. Also bewarb er sich an der Bauhaus-Universität Weimar und machte dort seinen Bachelor – inklusive Auslandssemester im australischen Melbourne. Als er nach seinem Abschluss nicht sofort für das aufbauende Master-Studium angenommen wurde, gründete er lumipöllö.

Mit wenig Mitteln gemeinsam viel machen und improvisieren.

Nachdem im darauffolgenden Jahr endlich die Zusage für den Master kam, wollte Dominic das Studium schnellstmöglich hinter sich bringen, „einfach, damit ich den Abschluss hab. Dann wurde doch alles ganz anders und ich habe den Abschluss mit 1,0 gemacht. Und das in zwei Drittel der Studienzeit. Ich weiß auch nicht, was mich dazu bewegt hat.” Seitdem hat ihn der Perfektionismus nicht verlassen. Seit drei Jahren arbeitet er nun aktiv an lumipöllö. „Ich konnte nur das Geld ausgeben, das ich einnehme.” In dieser Zeit habe er alles selbst gemacht: die Website, die Fotos, die Imagebroschüren und Kataloge. Seine wichtigste Fähigkeit dabei: ein großes Verständnis für herstellungsorientiertes Design. „Als Veredler oder Hersteller von Produkten ist es das Wichtigste, zu wissen, wie die Produktion funktioniert und danach die Produkte zu gestalten. Nicht andersherum.” Diese Arbeitsweise macht es Dominic und seinem nunmehr dreiköpfi gen Team möglich, gezielt auf Kundenwünsche einzugehen und individuelle Produkte herzustellen. „Wo bekommst Du einen gelaserten Pokal, Mützen, Shirts und Gutscheinboxen von hoher Qualität und optisch ansprechend zu einem fairen Preis?”, fragt er provokativ.

lumipöllö

Im Grund 13

09430 Drebach

Email : hello@lumipollo.com

http://www.lumipollo.com

Keiner wollte ein Stirnband kaufen

So gut, wie es jetzt läuft , lief es aber nicht immer. Alles begann mit der Idee, ein Stirnband made in Germany zu produzieren. „Das Problem war nur, dass keiner ein Stirnband kaufen wollte. Es ging total nach hinten los.” Doch Dominic gab nicht auf, sondern erweiterte die Produktpalette. „Irgendwann kamen Wintermützen und Caps dazu, später T-Shirts.” Dann kam der Wendepunkt: Eine Firma kam auf Dominic zu und fragte nach Caps – bestickt mit dem eigenen Firmenlogo. Aus dem Gedanken „gut, besser als nichts”, entstand an diesem Tag die individuelle Produktionsserie unique+ by lumipöllö – individuelle Head-, Street- und Sportswear für Vereine, Firmen und Events. Inzwischen machen diese Produkte 80 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Im Gegensatz zu den meisten vergleichbaren Firmen entschied Dominic jedoch, die Produktion der individuellen Kundenwünsche nicht von der Marke lumipöllö zu trennen. Das sei eine der entscheidenden strategischen Entscheidungen gewesen, die lumipöllö heute so erfolgreich macht. „Den Käufer, der lumipöllö als Modelabel kauft , interessiert die unique+ Serie nicht. Die Firmen und Vereine aber kaufen das Image des Modelabels lumipöllö mit. Weil das wesentlich attraktiver ist, als bei einer No-Name-Firma zu bestellen“, erklärt er. Sein Plan ging auf: Bis auf wenige Ausnahmefälle bestehen die Firmen und Vereine auf die Sichtbarkeit des lumipöllö-Logos auf ihren Produkten.

Familientradition

Auch, wenn Dominic seine Marke nicht an das Erzgebirge bindet, fühlt er sich seiner Region trotzdem sehr verbunden. „Ich war in Weimar, Frankfurt und Melbourne, aber bin hierher zurückgekommen.” Hier führt er mit seiner Firma im kleinen Venusberg eine weitreichende Familientradition fort. Alle Generationen bis zu seinem Uropa waren Schneider. Noch immer gibt es die Maßschneiderei Heiße in Crottendorf – seit 1808. Er selbst konnte leider nicht von dem Wissen seiner Familie lernen. „Mein Vater und mein Opa waren keine Schneider. Mir hat niemand erklärt, welche Nähmaschine ich kaufen soll.”

In der gleichen Passion, in der er sich das nötige Fachwissen aneignete, nahm er Matteo Rüger, Profi -Snowboarder und Filmemacher mit auf den Weg. „Matteo war von Anfang an dabei.” Die beiden arbeiten seither eng zusammen und sind gemeinsam zu festen Größen im Erzgebirge geworden. „Mit wenig Mitteln gemeinsam viel machen und improvisieren“, ist ihre Devise. Eine Haltung, die einem immer wieder begegnet, wenn man mit Menschen aus dem Erzgebirge zusammenkommt. Auch, wenn Matteo nicht die gleiche Ausstattung wie eine Red-Bull-Filmproduktion hat. Und wenn Dominic nicht gerade arbeitet oder mit Matteo ein neues Produktvideo kreiert, stellt er sich selbst aufs Brett – am liebsten am Keilberg und genießt den Winter seiner Heimat.


Magazin „Herzland“

Diese Gechichte erschien zuerst im Magazin „Herzland - Gedacht.Gemacht.Erzählt“. Hier kannst du das gesamte Magazin online lesen, als PDF herunterladen oder gedruckte Exemplare nach Hause bestellen.

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