Kleine Scheiben weltweit gefragt
VON GABRIELE FLEISCHER
FREIBERG - Die Siltronic AG in Freiberg war in den vergangenen Monaten bis an die Kapazitätsgrenzen ausgelastet. Dieser Anstieg der Produktion von Siliziumeinkristallen für Wafer und 300-Millimeter Siliciumscheiben für die Mikroelektronik war auch eine Auswirkung der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima und ihrer Folgen. "Da unsere größten Konkurrenten bei der Zulieferung für die Halbleiterindustrie betroffen waren, konnten wir die Lücke schließen", erklärt Werkleiter Gerhard E. Hagen. Im vergangenen Quartal hat Siltronic weltweit knapp 277 Millionen Euro Umsatz erzielt. Das ist eine Steigerung von acht Prozent gegenüber dem zweiten Quartal 2010. Nach der Talfahrt im Krisenjahr 2009 war das Zeit zum Luftholen für Siltronic, ein Unternehmen mit fünf Produktionsstandorten in Europa, den USA und Asien.
Aber die japanischen Halbleiterhersteller, die die größte Konkurrenz für Siltronic sind, erholen sich wieder. Japans Anteil am Markt beträgt Fachberichten zufolge immerhin 25 Prozent. Trotzdem, so ist Gerhard E. Hagen überzeugt, bleibt die Auslastung der Freiberger Kapazität von monatlich 260.000 300-Millimeter-Siliziumscheiben konjunkturabhängig. Hergestellt werden sie in Reinsträumen, die besondere Anforderungen stellen.
Abnehmer sind nach den Worten des Werkleiters alle großen Halbleiterhersteller, 10 bis 20 weltweit. Ohne diese Scheiben aus Reinstsilizium wären weder Computer noch Mobiltelefone oder Navigationssysteme denkbar. Zwei bis drei Lkw-Ladungen verlassen täglich das Werk an der Berthelsdorfer Straße. Zahlen, die sich ständig ändern könnten: "Die Halbleiterindustrie ist von so vielen Faktoren abhängig, dass es immer eine Berg- und Talfahrt ist", sagt der Fachmann, der seit über 38 Jahren im Siliziumgeschäft tätig ist. Um konkurrenzfähig zu bleiben, sei es wichtig, ständig an Weiterentwicklungen zu arbeiten und die Kosten zu minimieren. Thema in der Fachwelt seien bereits die 450-Millimeter -Wafer, an denen die Halbleiterhersteller Intel, Samsung und TSMC Interesse haben. Das würde die für Bauelemente zur Verfügung stehende Fläche mehr als verdoppeln. Fieberhaft wird deshalb auch in der Siltronic-Forschungsabteilung im Burghausener Werk gearbeitet. Dazu kommt die Prozessoptimierung, mit der auch die 60 Technologen in Freiberg beschäftigt sind. Aber, das verschweigt Hagen nicht, Siltronic nutze zur Konkurrenzfähigkeit Leiharbeiter, 60 der 1048 Beschäftigten derzeit. "Das sind aber keine Mitarbeiter zweiter Klasse. Sie sind fest integriert. "Keiner der Beschäftigten, die durch uns qualifiziert werden, geht mit einem Stundenlohn unter zehn Euro nach Hause", versichert der Werkleiter. Gute Leute würden eingestellt.
Indiz dafür, dass der Optimismus der Konzernleitung ungebrochen ist, zeigt der Anbau am Freiberger Werk. 2012 soll das zweistellige Millionenprojekt rohbaufertig sein. Quelle: Freie Presse, Ausgabe Freiberger Zeitung, 16.09.2011