Junge Sachsen blicken optimistisch in die Zukunft

Schematische Darstellung der Wanderungsströme (© Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen)
Schematische Darstellung der Wanderungsströme (© Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen)
Ergebnisse der 2. Sächsischen Wanderungsanalyse

Das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen hat im Auftrag der Sächsischen Staatskanzlei in der 2. Sächsischen Wanderungsanalyse die Zu- und Fortzüge von und nach Sachsen sowie innerhalb Sachsens untersucht. Die mit Wanderungen verbundenen Beweggründe, Erwartungen, Erfahrungen und künftigen Absichten wurden in zwei Befragungen beleuchtet. Dabei wurden im Jahr 2016 zum einen „Junge Sachsen“ (16- bis unter 20-Jährige) und zum anderen „Nach Sachsen Zugezogene“ (20- bis unter 65-Jährige) befragt. Insgesamt geben die Befragungen ein positives Meinungs- und Stimmungsbild wieder, jedoch mit deutlichen Unterschieden zwischen einzelnen Befragungsgruppen.   Mehr als drei Viertel der sachsenweit befragten „Jungen Sachsen“ sind mit ihrem Leben „vollkommen“ oder „eher zufrieden“. Die jungen Männer sind dabei zufriedener (82 Prozent) als die jungen Frauen (74 Prozent). Ein stabiles soziales Lebensumfeld aus Eltern und Freunden sowie eine feste Bindung an die Heimatregion tragen dazu bei, dass sich nahezu 80 Prozent der Jugendlichen in Sachsen wohl fühlen. Somit verwundert es nicht, dass die Zahl der Fortzüge über die Landesgrenze von 16- bis unter 20-Jährigen derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 25 Jahren ist.   Für die meisten „Jungen Sachsen“ sind eine gute sowie vielseitige Bildung und Ausbildung wichtig. Sie wünschen sich einen Beruf mit selbstbestimmten, nützlichen und erfüllenden Tätigkeiten. Der Arbeitsplatz soll sicher sein. Ein hohes Einkommen oder die eigene Karriere haben hingegen für viele 16- bis unter 20-Jährige einen geringeren Stellenwert. Eine wichtige Erkenntnis der Befragung lautet: „Junge Sachsen“ wollen im Freistaat bleiben, wenn die Rahmenbedingungen ihres Lebensumfeldes stimmen.   Andererseits hatte die sächsische Bevölkerung im Ausbildungsalter zu keiner Zeit eine so hohe Mobilität wie heute. Das ist mit der stark gestiegenen innersächsischen Wanderungsaktivität der „Jungen Sachsen" zu begründen.   Etwa 73 Prozent aller im Zeitraum 2011 bis 2015 fortgezogenen 16- bis unter 20-Jährigen hatten eine andere Gemeinde in Sachsen zum Ziel. Vorrangige Zielgebiete der innersächsischen Umzüge in dieser Altersgruppe sind die Kreisfreien Städte Leipzig, Dresden und Chemnitz und die anderen sächsischen Hochschulstandorte. Diese profitieren demzufolge sowohl vom Zuzug aus dem Bundesgebiet als auch aus dem eigenen Land.   Im Rückblick auf den Anfang der 1990er Jahre ist eine deutliche Veränderung der Ziele der Wanderung zu beobachten: Damals hatten 75 Prozent der fortgezogenen 16- bis unter 20-Jährigen ein anderes Bundesland oder das Ausland zum Ziel und nur 25 Prozent zogen in Sachsen um.   Als zweite Gruppe wurden nach „Nach Sachsen Zugezogene“, d.h. 20- bis unter 65‑Jährige, die zwischen 2010 und 2015 nach Sachsen gekommen sind, befragt. Diese können gemäß der wichtigsten Beweggründe in drei Gruppen eingeteilt werden: Arbeits-, Bildungs- und Familienmigranten.   Den größten Anteil bilden die Arbeitsmigranten. 55 Prozent der befragten Zugezogenen waren des Berufs wegen nach Sachsen gezogen. Das Bildungsniveau dieser Arbeitsmigranten ist als hoch zu bezeichnen. Über die Hälfte dieser Gruppe gab an, einen Fach- oder Hochschulabschluss erworben zu haben. Die Mehrheit (73 Prozent) schätzt ein, dass sich ihre berufliche Situation in Sachsen verbessert hat bzw. gleich geblieben ist. Ein Fünftel der Arbeitsmigranten ist jedoch mit der Höhe seines Einkommens unzufrieden. Dies führt u. a. dazu, dass nur 33 Prozent der befragten Arbeitsmigranten angaben, dauerhaft in Sachsen bleiben zu wollen.   Wie ergeht es den „Nach Sachsen Zugezogenen“ im Freistaat? Arbeitsmigranten fühlen sich bei Kollegen und Nachbarn überwiegend willkommen: Weniger als jeder zehnte Deutsche berichtet von einer Benachteiligung im Alltag oder am Arbeitsplatz. Die Ursache wird vor allem im Dialekt gesehen, was von Zuwanderern aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Berlin am häufigsten genannt wurde. Hingegen gaben rund 41 Prozent der nichtdeutschen Arbeitsmigranten an, im Alltag, bei der Arbeitsplatzsuche oder am Arbeitsplatz eine Benachteiligung erfahren zu haben. Vor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass die Zufriedenheit mit den sozialen Kontakten bei deutschen deutlich stärker gegeben ist als bei den nichtdeutschen Befragten.   Im Übrigen sind 37 Prozent der deutschen Arbeitsmigranten in Sachsen geborene Rückkehrer. Die Zuzugsmotive der Rückkehrer haben überwiegend soziale Gründe wie Familie, Partner oder Freunde. Diese Einstellung ist so stark ausgeprägt, dass sie mit dem Umzug nach Sachsen auch bewusst berufliche Nachteile in Kauf genommen haben.   Die zweitgrößte Gruppe, die Bildungsmigranten (34 Prozent aller „Nach Sachsen Zugezogenen“), ist maßgeblich durch Studenten geprägt. Vor allem der gute Ruf der Universitäten und Studiengänge, aber auch die günstigen Lebensbedingungen in Sachsen sind wichtige Zuzugsgründe.   Die drittgrößte Gruppe, die Familienmigranten (12 Prozent aller „Nach Sachsen Zugezogenen“) weist mit 41 Prozent den höchsten Anteil an sächsischen Rückkehrern auf.   Betrachtet man das Wanderungsgeschehen auf dem Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen über einen längeren Zeitraum, so fällt auf, dass die Bevölkerungsentwicklung durch ein vergleichsweise niedriges Niveau des Wanderungsaustausches gekennzeichnet ist. Historisch betrachtet überwogen dabei meist die Fortzüge. Die nach 1989 beobachtete drastische Veränderung im Wanderungsverhalten, die durch eine massive Abwanderung insbesondere in die westlichen Bundesländer gekennzeichnet war, ist als Reaktion auf den gesellschaftlichen Umbruch in Deutschland entstanden. Diese besondere geschichtliche Situation beeinflusste das Wanderungsverhalten der Bevölkerung über einen Zeitraum von 20 Jahren, auch wenn die Größenordnung der Abwanderung über die Jahre abnahm. Erst seit etwa fünf Jahren gestaltet sich in Sachsen der Wanderungsaustausch mit den anderen Bundesländern auf eine allgemein übliche Weise.   Das aktuelle Wanderungsgeschehen in Sachsen ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die bisherigen Wanderungsverluste gegenüber dem Bundesgebiet in Wanderungsgewinne umkehrten. Betrachtet man nur die deutsche Bevölkerung, so war der Wanderungssaldo Sachsens seit dem Jahr 2012 positiv. Maßgeblicher Einflussfaktor ist der bereits seit dem Jahr 1996 durchgängig bestehende Wanderungsgewinn gegenüber den neuen Bundesländern. Seit 2013 wurden (erstmalig) Wanderungsgewinne Deutscher gegenüber dem früheren Bundesgebiet und Berlin verzeichnet.   Insgesamt beliefen sich die Wanderungsgewinne für Sachsen im Zeitraum 2011 bis 2015 auf rund 99 000 Personen, davon rund 82 000 Nichtdeutsche und 18 000 Deutsche. Die anteilig hohe Zahl an nichtdeutschen Zuwanderern war in diesem Zeitraum maßgeblich durch Zuzüge von Asyl- und Schutzsuchenden bedingt. Diese Größenordnung ist aus dem heutigen Blickwinkel jedoch als Sondersituation zu betrachten, die keinen nachhaltigen Einfluss auf die Wanderungsströme in Sachsen haben wird. An Bedeutung hat dagegen der Wanderungsaustausch mit den EU-Staaten gewonnen. Jeder dritte Nichtdeutsche, der im Zeitraum 2011 bis 2015 nach Sachsen zugezogen ist, hatte die Staatsangehörigkeit eines der anderen EU-Staaten.   Auswertungen von Bevölkerungsstatistiken einschließlich des Zensus 2011 liefern weitere interessante Erkenntnisse, so unter anderem das Ergebnis, dass 81 Prozent der sächsischen Bevölkerung in Sachsen geboren wurden und eine starke Bindung an ihre Heimatregion haben. Der Anteil der nach Sachsen zugewanderten Personen mit einem Geburtsort außerhalb der sächsischen Landesgrenze beträgt weniger als ein Fünftel. Je kleiner eine sächsische Gemeinde ist, umso höher ist der Anteil der in Sachsen geborenen Einwohner. Vor allem im Erzgebirgskreis und in den sorbischen Gemeinden des Landkreises Bautzen beträgt der Anteil mehr als 90 Prozent und ist dort sachsenweit am höchsten.