Einstiges Hessen-Geschäft bald "Made in Aue"
Von Frank Hommel
Aue . Die Auftragsbücher sind rappelvoll. Der Umsatz des laufenden Jahres, soviel ist jetzt schon absehbar, übertrifft Vorjahr und Planzahlen um 25 Prozent. Seit Januar wurde die Mitarbeiterzahl um zehn auf 162 aufgestockt. Und nun hat die Auerhammer Metallwerk GmbH in Aue auch noch einen Geschäftsbereich der Vacuumschmelze GmbH & Co. KG aus Hanau übernommen und rüstet im Zuge dessen das Zwanzigrollenwalzwerk, eine Spezial-Maschine, aufwändig um. Keine Frage: Die Auer machen gerade vor, wie sich die Wirtschaft von der Krise 2009 erholen kann.
Obwohl der Einbruch das Traditionsunternehmen nicht so stark getroffen hat wie andere, so ist selbst Geschäftsführerin Gabriele Röhr vom Ausmaß des derzeitigen Erfolges etwas überrascht. "So einen starken Aufschwung haben wir in der Tat nicht erwartet", sagt sie. Im Budget 2010 war ein Umsatz von 39 Millionen Euro vorgesehen. Nun dürften es um die 48 Millionen Euro werden. "Wir sind bis Jahresende fast ausgebucht", sagt Röhr, "es sind kaum noch Liefertermine unter 20 Wochen zu bekommen."
Die Gründe für die erzgebirgische Erfolgsgeschichte sind vielfältig. Röhr nennt den Produktmix, der sich auf vier Bereiche aufteilt: Thermobimetalle, plattierte Bänder, Metallbänder und metallische Folien. "Das sind Nischen, keine Massenprodukte", sagt Röhr. Jede der vier Gruppen sei gleich verteilt - ebenso wie die Kundenlandschaft. Röhr: "Zirka 60 Prozent geht in den Export. Auch das ist sehr verteilt: Zwölf Prozent Asien, zehn Prozent USA, außerdem West- und Osteuropa. Und: Wir sind dabei nicht von wenigen großen Kunden abhängig."
So gewappnet schultert sich eine massive Investition in die Zukunft leichter. Mit dem Geschäftsbereich der so genannten Schnappscheibenbänder aus Hanau hat Auerhammer sein Angebot in Sachen Thermobimetalle ergänzt - und zwar "in optimaler Weise". Versichert Götz-Peter Blumbach, Vorstandschef der im nordrhein-westfälischen Schwerte beheimateten DNick-Gruppe, zu der das Metallwerk gehört. Auerhammer-Geschäftsführerin Röhr betont, dass von den Hanauern nur dieser eine Geschäftsbereich übernommen wurde - und zwar ohne Arbeitskräfte. Die Schnappscheiben sind Thermobimetalle mit besonderen Eigenschaften. Im Besprechungsraum steht eine Schreibtischlampe, die das Grundprinzip technischen Laien vermitteln hilft. Die Lampe ist einer Kornblume nachempfunden. Röhr klickt auf den Schalter. Das Licht leuchtet, nur Momente später öffnen sich - wie Blüten in der Sonne - die metallisch glänzenden "Blütenblätter". Ein Blatt besteht aus zwei fest verbundenen, verschiedenen Metallen, die sich bei der Erwärmung unterschiedlich ausdehnen und so die Biegung bewirken.
Dieser Effekt ist bei den Schnappscheiben perfektioniert. "Wir sprechen hier von Bändern, die bis zu 0,2 Millimeter dünn sein können", sagt Röhr. Diese Bimetalle können auf minimaleTemperaturunterschiede reagieren. Röhr nennt das "ganz enge Toleranzen". Und diese Reaktion fällt dann auch nicht gleichmäßig aus, sondern laut Geschäftsführerin mit einem Klick-Effekt, der die kleinen Scheiben als Mini-Schalter prädestiniert.
Quelle: Freie Presse, Ausgabe Schwarzenberger Zeitung, 16.09.2010