Ehrenamt des Monats: „Wilde Bande Erzgebirge“
Schon von Berufswegen dreht sich bei der 26-jährigen alles um das Tierwohl. Als tiermedizinische Fachangestellte arbeitet sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten im Zentrum für Kleintiermedizin in Annaberg-Buchholz . Dass 2018 aus ihrem Beruf eine Berufung wurde, verdankt sie einem kleinen Blaumeisenküken, das von verantwortungsvollen Findern in die Sprechstunde gebracht wurde. Adina Schrepel nahm sich dem Tier an. Mit Hilfe anderer Wildtierpflegestellen und Fachseiten im Internet beschaffte sie sich zunächst alle notwendigen Informationen, um eine artgerechte Versorgung des Tieres zu gewährleisten. Da Jungtiere nicht isoliert aufwachsen sollen, bekam es bald Gesellschaft von anderen Findel-Küken. Es dauerte kein Jahr bis sich herumgesprochen hatte, dass sich die gebürtige Chemnitzerin der Pflege von Wildtieren annimmt. Anfänglich richtete sie dazu in ihrer damaligen Mietwohnung eigens einen Raum ein, um die kleinen Fundtiere liebevoll zu versorgen.
Bei der Suche nach einem Eigenheim schaute die Familie dann gezielt nach Immobilien, die sich auch für die Pflege von Wildtieren eignen und fand so ab 2021 einen neuen Lebensmittelpunkt in Jöhstadt. Unmittelbar nach dem Umzug schufen sie eigens Räume für die Versorgung von Wildtieren – Vögel, Eichhörnchen und Feldhasen finden dort nun regelmäßig Zuflucht. Nimmt sie ein Tier an, ist der Ablauf immer ähnlich: Vorrang hat die Erstversorgung – Finderdaten, Fundort, Erstbefund und Umfang der Erstversorgung werden dokumentiert. Anschließend muss sie entscheiden, ob sie das Tier pflegen kann oder ob sie es an eine andere Pflegestation weitervermittelt. An oberster Stelle steht das Tierwohl verbunden mit dem Ziel, die Zwei- und Vierbeiner wieder in ihren natürlichen Lebensraum zu entlassen. Auf die Pflege folgt die Phase der Auswilderung, bei der sich die Wildtierauffangstationen in Sachsen gegenseitig unterstützen und artspezifische Auswilderungsvolieren betreiben. Für Einzelschicksale, die beispielsweise aufgrund von Verletzungen nicht wieder wildbahnfähig werden, versucht Adina Schrepel Zoos, Tier- und Wildparks zu finden, in denen sie ihr Gnadenbrot bekommen. Findet sich keine Einrichtung, in der eine tierschutzkonforme Haltung möglich ist, bleibt im Zweifelsfall nur das Einschläfern.
„Allein schon die Pflege der Tiere bedeutet 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche für sie da zu sein“, zeigt sich Landrat Rico Anton vom Engagement der Jöhstädterin beeindruckt. „Für die Vermittlung, den Transport der Tiere sowie den Bau und Unterhalt von Einrichtungen zur Auswilderung bedarf es erheblicher Ressourcen. Die Bereitschaft dafür, auch individuelle Interessen hintenanzustellen, ist Ausdruck eines vorbildhaften ethischen Werteverständnisses von Adina Schrepel.“
Zur Brut- und Setzzeit herrscht bei Adina Schrepel Hochkonjunktur. Auch das Familienleben richtet sich oftmals nach den Herausforderungen, die die „Wilde Bande Erzgebirge“ mit sich bringt. Mittlerweile schicken auch andere Tierärzte Fälle zu ihr oder Jäger melden sich, um Rehkitze weiterzuvermitteln. Hinzu kommt ihr zweites Steckenpferd: Sie unterstützt Tierheime bei der Handaufzucht von jungen Katzen. Um die Kitten groß zu ziehen, die ohne Mutter auskommen müssen, braucht es Fachwissen und Erfahrung. Ohne die fachliche Expertise und Unterstützung durch ihren Arbeitgeber sowie das gesamte Team der Veterinärpraxis wäre das Projekt „Wilde Bande Erzgebirge“ in dem jetzigen Umfang nicht leistbar. Wenn eine Aussicht auf Erfolg besteht, übernimmt ihr Lebensgefährte als Tierarzt auch notwendige Operationen, zum Beispiel, wenn es die Oberarmfraktur eines Eichhörnchens zu versorgen gilt. Trotz aller Bemühungen hat Adina Schrepel ein klares Ziel vor Augen: ihr geht es darum, ihren Schützlingen eine zweite Chance in freier Wildbahn oder zumindest für ein naturnahes Aufwachsen zu geben. Bei Interessierten muss sie ab und an für Verständnis werben, dass sie Besucherverkehr vermeidet, weil sich die Tiere so wenig wie möglich an den Menschen gewöhnen sollen.
Seit 2018 hat sich Adina Schrepel kontinuierlich im Bereich der Wildtierpflege fortgebildet und ein weitreichendes Netzwerk zu anderen Pflegestationen, Behörden, Unterstützern und Spendern aufgebaut. Finanziert wird das Projekt „Wilde Bande Erzgebirge“ vorwiegend aus privaten Mitteln sowie zweckgebundenen Sach- und Futterspenden.
Für ihr selbstloses und beispielgebendes Engagement im Bereich Tierschutz wurde Adina Schrepel mit dem „Ehrenamt des Monats Mai“ von der Fachstelle Ehrenamt des Erzgebirgskreises ausgezeichnet.