Die Erzfreunde

Der Tellerhäuser Magnetitskarn enthält zinn- und indiumhaltige Minerale, die hohe Anforderungen an die Aufbereitung stellen. (Foto: GKZ Freiberg)
Der Tellerhäuser Magnetitskarn enthält zinn- und indiumhaltige Minerale, die hohe Anforderungen an die Aufbereitung stellen. (Foto: GKZ Freiberg)

Die europäische Wirtschaft ist auf Rohstoffimporte angewiesen, obwohl es auch auf unserem Kontinent Lagerstätten gibt. Ein sächsisches Innovationsforum hat deshalb ein europaweites Projekt zur Rohstoffgewinnung geschmiedet. Dabei kann das Bündnis auf die Unterstützung winzig kleiner Helfer bauen. Sie heißen unter anderem Acidithiobacillus ferrooxidans oder Acetobacter methanolicus und sind mikroskopisch klein. Mikroorganismen schaffen vergleichsweise einfach und kostengünstig, woran Zentrifugen, Zusatzstoffe und andere physikalisch-chemische Verfahren bisweilen scheitern: Sie knacken Metallverbindungen und setzen die Metalle als Rohstoffe frei. „Aufbereitung durch geobiotechnologische Verfahren“ nennen das Experten wie Dr. Franz Glombitza von der Freiberger G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft. Gemeinsam mit Dr. Wolfgang Reimer, Geschäftsführer des Geokompetenzzentrum Freiberg e.V. (GKZ), treibt er das Thema in Sachsen seit Jahren voran. Denn beide sind überzeugt davon, dass die Gewinnung vieler europäischer Rohstoffvorkommen mit neuen, innovativen Methoden zu mehr Versorgungssicherheit beitragen kann. Mit diesem strategischen Ziel haben Reimer und Glombitza im Jahr 2014 das Innovationsforum „GAIN – Geobiologische Aufbereitungsprozesse für Industrierohstoffe nicht-sulfidischer Erze“ initiiert, gemeinsam mit fünf Unternehmen aus dem sächsischen Erzgebirge . „Mit GAIN haben wir untersucht, ob wir mit mikrobiologischen Verfahren auch nicht-sulfidische Primärrohstoffe geringer Konzentration wie zum Beispiel Wolfram- und Zinnerze gewinnen können“, erinnert sich Glombitza. „Das war in Teilen noch Grundlagenforschung, doch mittlerweile gibt es immer mehr hoffnungsvolle Ansätze: Die Biologie schafft bisweilen das, was Chemie und Physik nicht schaffen.   17 Partner aus sieben Ländern Seit mehr als 800 Jahren betreiben die Menschen im Erzgebirge Bergbau . Man kennt sich in der Branche. Doch regionale Partner alleine konnten die Aufgabe nicht lösen. Das ist auch der Grund, warum das Innovationsforum GAIN für das Programmziel der Partnerfindung ungewöhnliche Wege ging. „Wir haben sehr gezielt nach Partnern in anderen europäischen Ländern gesucht“, erzählt GAIN-Koordinator Wolfgang Reimer, der unter anderem in Portugal, England und Finnland Workshops veranstaltete. Die Folge dieses grenzüberschreitenden Ansatzes ist ein weiteres, europaweites Projekt: Seit 2015 arbeiten 17 Partner aus sieben europäischen Ländern im Vorhaben „FAME“ zusammen. Gemeinsam wollen sie flexible und mobile Aufbereitungstechnologien entwickeln, die eine umweltfreundliche und wettbewerbsfähige Ausbeutung europäischer Lagerstätten ermöglichen. Diese Technologien sind zum Beispiel für solche Vorkommen interessant, deren Erze einen relativ niedrigen Metallanteil haben und deren Wertstoffe schwer freizusetzen sind. Mit dabei sind auch die Nickelhütte Aue aus dem Westerzgebirge und die Freiberger SAXORE Bergbau GmbH. Als Demonstrationsobjekte wurden europaweit sechs Lagerstätten ausgewählt, eine davon ist SAXOREs Zinn- und IndiumLagerstätte nahe des westerzgebirgischen Tellerhäuser. Sie zählt weltweit zu den größten ihrer Art, und sie hat noch einen weiteren Standortvorteil: „In Sachsen gibt es neben den Lagerstätten auch noch Hütten, um die Konzentrate unmittelbar vor Ort weiterzuverarbeiten. Das prädestiniert das Land als Wegbereiter in Europa“, sagt Wolfgang Reimer und schärft seine Vision: „Wir wollen hier in der Region vor Ort die Wertschöpfung steigern und auch auf die Bedeutung der Metallurgie nicht nur in der Primärrohstoffgewinnung, sondern auch in der Kreislaufwirtschaft hinweisen. Und letztendlich wollen wir wieder aktiv Bergbau betreiben, denn: Die Zukunft beginnt mit dem Bergbau.“ Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), "Unternehmen Region" Ausgabe 3/2017