Das Beste aus zwei Welten: Wie Individualität in Serie im Erzgebirge gelingt

Wer kennt das Problem in herkömmlichen Autos an kalten Tagen nicht zur Genüge? Es dauert gefühlt eine Ewigkeit, bis die Motorabwärme auch den Innenraum gemütlich beheizt hat. In der Generation der E-Autos fällt jedoch diese Wärmequelle vollständig weg. Effiziente Fahrzeugheizungen für Elektrofahrzeuge sind damit gefragt, die unnötige Belastungen der Batterien und damit Reichweiteverluste vermeiden. Geheizt werden können dabei analog zur Sitzheizung weitere Flächen im Auto wie Fußraum oder Türen. Das SmartERZ -Projekt eHeatDigiLine findet dafür Lösungen und entwickelt eine Technologie zur Serienfertigung individueller textiler Flächenheizungen für E-Autos – unabhängig vom Fahrzeug-Hersteller. Serienfertigung und Individualität sind allerdings zwei Seiten einer Medaille. Die Serienfertigung steht für hohe Stückzahlen zu verhältnismäßig geringen Kosten. Eine individuell zugeschnittene Produktion für geringe Mengen ist aber verhältnismäßig teuer. Im Projekt unter Leitung der Köstler GmbH (Köstler) aus dem Erzgebirge arbeitet man nun daran, die Vorteile beider Fertigungsverfahren für textile elektrische Heizelemente für E-Autos zu kombinieren.

eHeatDigiLine beschreitet mit der individuellen digitalen Serienfertigung textiler elektrischer Heizungen neue Wege. Final entsteht ein Konfigurator als Softwarelösung, der individuelle Kundendesigns technisch umsetzt. Dabei werden die digitalen Daten des Kunden auf lasergestützte Anlagen übertragen. „Insbesondere wir als Automobilzulieferer können mittels des Konfigurators und der entsprechenden Hardware dann individuelle, auf das jeweilige Fahrzeuginterieur angepasste, und kostengünstige Heizungen für E-Autos anbieten. Basis dafür ist zum einen unsere hohe Technologiekompetenz der Mitarbeiter im Erzgebirge und zum anderen die gute Vernetzung und intensive Zusammenarbeit mit Projektpartnern und Know-how-Trägern aus der Textilforschungs- und IT-Branche“, erläutert Anke Neubert , Geschäftsführerin von Köstler aus Annaberg-Buchholz . Seit dem Start im November 2021 haben die Projektbeteiligten bereits das Anforderungsprofil für geeignete Materialen der textilen Heizmodule erstellt und diese ausgewählt. Zudem wurden Teilschritte für die Fertigungstechnologie entwickelt. Das Grundkonzept für die Erarbeitung der Software und der Basisalgorithmus stehen. In den folgenden Monaten wird schon an der Anlagentechnologie mit dem Maschinenkonzept gearbeitet, und die Software geht in die Entwicklungsphase.

Köstler ist ein etablierter Spezialanbieter für Automotive-Interieur. Das Unternehmen geht mit dem Projekt einen weiteren zukunftsweisenden Schritt und passt das eigene Produktportfolio entsprechend der Bedarfe aus der E-Mobilität an. Am Ende des Projektes sollen eine höhere Fertigungstiefe und ein größerer Wertschöpfungsanteil im Unternehmen erreicht werden. Das bedeutet, dass ein Großteil aller benötigten Teile und Komponenten für die textilen elektrischen Heizelemente zukünftig bei Köstler hergestellt wird. Vor der Antragsstellung für das SmartERZ-Projekt eHeatDigiLine realisierte das Köstler-Team bereits ein Technologieprojekt, das als Grundlage dient. Die Erkenntnisse daraus zeigten, dass die Laser-Schnitte für die textilen Heizungen sehr gut softwareseitig optimiert werden können. Kundenanforderungen für individuelle Designs können per Konfigurator direkt an die Anlage, also die eHeatDigiLine, übertragen werden. Die Firma errichtete am Standort Annaberg-Buchholz bereits 2019 ein Forschungs- und Entwicklungszentrum, in dem jetzt auch an speziellen Komponenten für den Aufbau der geplanten Fertigungslinie gearbeitet wird.

Als Forschungs- und Entwicklungspartner arbeiten mit Köstler das Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e.V. (TITV Greiz) und die Softwarefirma FLYACTS GmbH zusammen. Das Projekt umfasst die vollständig digitalisierte Fertigungslinie eHeatDigiLine vom Konfigurator bis zu in Serie gefertigten individualisierten smarten Composites. In die Installation eines geplanten Demonstrators, der Automobilfirmen die Funktionsweise der eHeatDigiLine verdeutlicht, wird die LSA GmbH aus dem erzgebirgischen Wolkenstein einbezogen. Die damit gewonnenen Erkenntnisse werden später in der automatischen Serienfertigung genutzt, um die Technologie bis zur Massentauglichkeit weiterzuentwickeln. Durch den Einsatz des Demonstrators wird der Grundstein für weitere Forschungsvorhaben wie der Integration von Sensoren, Leuchttextilien oder textilen Airbagscharnieren mit zusätzlicher Heizfunktion gelegt. Zeitgleich wird die Basis für die Umsetzung einer Industrie -4.0-Fertigungslösung für Smart Composites im Bereich E-Mobilität im Erzgebirge geschaffen. Das Know-how aus dem vom BMBF gefördertem Forschungsprojekt lässt sich nach Abschluss auch auf andere Produkte übertragen.

Über „SmartERZ – Smart Composites Erzgebirge“

SmartERZ ist ein Netzwerk von aktuell über 200 Partnern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Ziel des Bündnisses ist die Initiierung eines innovationsgetriebenen Strukturwandels in der Wirtschaftsregion Erzgebirge. Der Fokus liegt dabei auf der Funktionalisierung von innovativen Werkstoffverbunden (Composites). Das enorme Innovations-und Wachstumspotential derartiger Materialien nutzt die Region Erzgebirge zur Transformation zum Hightech-Standort. SmartERZ versteht sich als branchen- und unternehmensübergreifendes Technologiecluster, das langfristig regionale Wertschöpfung generiert. Hauptinitiatoren sind die Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH als Konsortialführer und die TU Chemnitz . Das Bündnis wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programmes „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ gefördert.