20.000 Exponate und kein Ende

Die weltweit größte Mineralien-Ausstellung in Freiberg profiliert sich als Museum, Forschungsstätte und Lernort für Kinder

FREIBERG - Die im Oktober 2008 eröffnete Terra mineralia im dafür sanierten Schloss Freudenstein von Freiberg zog auch 2010 mit 110.000 Besuchern doppelt so viele Schaulustige in den Bann wie ursprünglich kalkuliert. Über Pläne und das Besondere der Schau berichtet Leiterin Anna Dziwetzki im Gespräch mit Gabi Thieme.

Freie Presse: Seit Eröffnung des Asiensaals 2009 ist die Schau komplett. Ist sie ein Selbstläufer?

Anna Dziwetzki: Wir sind mit den Besucherzahlen sehr zufrieden. Aber wir arbeiten auch ständig daran, dass es keine Abbrüche gibt. Dazu gehört, dass wir ab 2011 jährlich eindrucksvolle Sonderschauen präsentieren werden. Mehr als 60 Veranstaltungen ergänzen zudem die ständige Ausstellung.

Es wurden mit der Manufaktur der Träume in Annaberg und dem Motorradmuseum Augustusburg weitere Attraktionen im Erzgebirge geschaffen. Wirkt sich die Konkurrenz aus?

Nein. Die Terra mineralia ist nahezu einzigartig in der Welt, sowohl was die 3500 Mineralien, Edelsteine und Meteoriten aus aller Welt betrifft als auch die Verbindung mit dem historischen Ambiente des Schlosses und die moderne Konzeption. Mit der Manufaktur der Träume, die ihre Exponate so wie wir von der Sammlerin Erika Pohl-Ströher hat, planen wir eine gemeinsame Broschüre speziell für Busreiseveranstalter. Wir wollen damit Gäste von der einen in die andere Bergstadt lenken und sagen ihnen, warum sich das lohnt.

Man könnte meinen, wer Ihre Sammlung gesehen hat, muss nicht gleich wiederkommen, denn an den Exponaten ändert sich nichts.

Eine erste Befragung hat gezeigt, dass jeder fünfte Besucher zum wiederholten Mal hier war. Alle bestätigten uns, dass man beim ersten Rundgang nicht alles erfassen kann, von den Eindrücken regelrecht erdrückt wird und sich erst beim zweiten Besuch das Erlebte vertieft.

Was hat die Befragung noch gezeigt?

Ein Besucher war schon fünfmal in der Ausstellung. Ein Viertel der Gäste hat in irgend einer Weise mit Mineralien zu tun. Dazu zählen nicht nur Sammler, sondern auch Frauen, sie sich an Edelsteinen erfreuen. Fünf Prozent sind Fachbesucher. Für sie gibt es auch besondere Führungen. Überrascht hat uns auch, dass nach den Sachsen Gäste aus Bayern und aus Nordrhein-Westfalen am häufigsten kommen.

Die Stifterin Erika Pöhl-Ströher sammelt trotz ihres hohen Alters weiter. Kommen so auch neue Stücke in die Ausstellung?

Nach und nach haben wir weitere Kostbarkeiten ins Depot übernommen. Alles zusammen besitzen wir etwa 20.000 Exponate. Die Daten zu den Stücken werden erfasst und stehen für die wissenschaftliche Arbeit zur Verfügung. Mit einigen Exemplaren ergänzen wir auch die Dauerausstellung. Seit März 2010 präsentieren wir zwei neue Stufen aus Indien. In Kürze erwarten wir für den Tresorraum in der Schatzkammer einen prachtvollen Turmalin-Edelstein aus Lateinamerika. Dazu wird ein passendes Schmuckstück mit einem Turmalin ausgestellt.

Wie wird der eigentliche Stifter-Zweck erfüllt? Die Sammlung soll doch eine Stätte der Begegnung und Fortbildung vor allem auch für jungen Leute sein?

Richtig. Vor allem Kinder und Jugendliche sollen begeistert werden. Für sie haben wir zum Beispiel das wissenschaftliche Zentrum "Forschungsreise" eingerichtet. Hier können Kinder Mineralien, die sie selbst mitbringen, unterm Mikroskop betrachten und bestimmen. Hier organisieren wir auch spezielle Veranstaltungen für Familien.

Die Winterferien stehen vor der Tür. Was erwartet die Kinder?

Diesmal dreht sich alles um die Eiszeit und wie aus einer Schneeflocke ein Gletscher entsteht. Studenten der Bergakademie haben Modelle zum Aufbau und der Bewegung eines Gletschers entwickelt. In der Sammlung können die Kinder den Spuren eiszeitlicher Tiere folgen.

Sie nannten die Mitarbeit von Studenten. Wie gestaltet sich die Kooperation?

Wir sind eine Einrichtung der TU Bergakademie. Deshalb wird die Ausstellung auch von Wissenschaftlern der Uni betreut. Studenten haben kostenlosen Zutritt und können im wissenschaftlichen Zentrum arbeiten. Von unseren 15 Führungskräften ist jeder Dritte ein Student. Täglich kommen auch Studierende im Rahmen von Seminar- und Projektarbeiten, oft auch mit Dozenten unterschiedlicher Institute. Kürzlich waren angehende Werkstoffwissenschaftler mit Architekten hier. Sie haben sich mit dem Schloss und der Ausgestaltung der baulichen Hülle befasst.

Montags haben viele Museen in Sachsen geschlossen. Sie sind dazu übergegangen, sieben Tage die Woche zu öffnen. Lohnt das?

Ja. Im Durchschnitt haben wir montags 160 Besucher, samstags sind es zum Vergleich 470. Der Dom und das Schaubergwerk "Reiche Zeche" können montags ebenfalls besichtigt werden. Da können wir Besuchern von weither doch nicht sagen: Bei uns ist montags aber dicht.

Die Sammlung wird ja nicht nur von der Bergakademie für wissenschaftliche Zwecke genutzt.

Nein. Auch Gäste und Sammler können Minerale mitbringen und bestimmen lassen. Ein Rasterelektronenmikroskop, wie es dafür zur Verfügung steht, gibt es wohl nur noch in Japan in einem Museum.

Welche Projekte gibt es für die nahe Zukunft?

Am Ostersamstag öffnen wir die erste große Sonderschau in diesem Jahr. Ihr Titel lautet "Fliegende Juwelen". Das ist Ästhetik pur, etwas fürs Auge. Die Exponate stammen von privaten Leihgebern. Dabei werden vorwiegend Schmetterlinge und Minerale gegenübergestellt. Man könnte meinen, die Natur hat sich verschworen und vor allem bei der Farbgebung einmalige Parallelen in anorganischen und organischen Welten geschaffen. Ich höre jetzt schon die Leute fragen: Ist das alles echt?

Sie betreuen hier 20.000 Kostbarkeiten. Was ist Ihr Favorit?

Die Frage ist schwer zu beantworten, aber ich habe einen: der Antimonit in unserer Schatzkammer. Das ist ein Fund aus China, der zu 70 Prozent aus dem seltenen Halbmetall Antimon besteht. Mich fasziniert, dass er stabil und mächtig erscheint, aber in Wirklichkeit äußerst fragil und zerbrechlich ist.

Die Terra mineralia im Schloss Freudenstein hat täglich 9 bis 18 Uhr geöffnet. Letzter Einlass: 17 Uhr. Eintritt: Erwachsene 7 Euro, ermäßigt 4 Euro.

 

 

Quelle: Freie Presse, Ausgabe Freiberger Zeitung, 09.02.2011