Freier Kopf für den täglichen Klinikdienst

20.10.2025

Natur , Weite und ein gutes Jobangebot: es sind solide Zutaten, die manchmal für ein persönliches Glücksrezept reichen. Dr. Eik Niederlohmann fühlt sich genau in diesem Mix im Erzgebirge angekommen. Der 37-jährige ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie in den Kliniken Erlabrunn und weiß, worauf es ankommt, um wahre Bestimmungen im Leben zu finden. Geboren in Pirna nahe der Sächsischen Schweiz ist er der Natur schon seit seiner Kindheit verbunden. Heute machen Aktivitäten draußen auf dem Kamm des Erzgebirges nicht nur seinen Kopf frei, sondern geben ihm auch Impulse für seine Arbeit in der Verhaltenstherapie & tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie; in der er mit Menschen einzeln oder in Gruppen arbeitet.

Wann hast du dich für das Erzgebirge als Lebensmittelpunkt entschieden und welche Gründe gab es dafür?

Die Entscheidung fiel im Winter 2023/Frühjahr 2024, als ich das Angebot der Kliniken Erlabrunn angenommen habe. Ausschlaggebend waren zwei Stränge, die zusammenliefen: Mich begeisterte die bergige Landschaft mit viel Draußen‑Zeit und die sehr gute berufliche Perspektive an einer überregional bekannten psychosomatischen Klinik. Den Chefarzt habe ich auf einer Weiterbildung kennengelernt; bei einer Hospitation haben mich Team, Haltung und unser Gruppenkonzept für Menschen mit funktionellen Beschwerden begeistert. Ein zusätzlicher Impuls kam aus der Pandemiezeit: In der Großstadt waren Wege und Möglichkeiten stark eingeschränkt – ich habe gemerkt, wie gut mir Natur und Weite tun.

Kanntest du das Erzgebirge, bevor du die Entscheidung getroffen hast?

Ja. Ich bin in Pirna bei Dresden geboren und seit Kindheitstagen in der Sächsischen Schweiz wandern gewesen – später auch während des Medizinstudiums in Dresden. Da kam ich mit dem benachbarten Erzgebirge in Berührung. Während der Pandemie habe ich für sechs Monate im Klinikum Plauen ausgeholfen; die Arbeit dort hat meinen Entschluss bestärkt, die Versorgung in ländlichen Regionen zu unterstützen und wieder natur‑ und gebirgsnäher zu leben.

Was schätzt du denn hier besonders? Und was vermisst du?

Ich schätze die Landschaft (raus aus der Tür, rauf auf den Kamm), die pragmatische Art der Menschen, echte Nachbarschaftshilfe und die vielen Outdoor‑Möglichkeiten. Nach den Lockdowns empfinde ich es als Luxus, nicht von „Betonschluchten“ umgeben zu sein, sondern Weite vor der Haustür zu haben. Manchmal vermisse ich die spontane Kultur‑ und Gastro‑Auswahl einer Großstadt – aber das meiste, was ich brauche, gibt es hier; ich suche nur gezielter.

Erinnere dich mal bitte an deine ersten Momente hier als Neuer im Erzgebirge … gab es so etwas wie einen überraschenden Moment? Oder eine kuriose Situation durch Eigenheiten der Region, der Erzgebirger oder den Dialekt?

Wie schnell man ins Gespräch kommt – im Laden, auf dem Parkplatz, auf dem Weg – hat mich positiv überrascht. Und „Feierohmd“ ist hier mehr als ein Wort: Es beschreibt einen spürbar anderen Takt, der gut tut.

Was waren schwere Augenblicke, in denen du gezweifelt hast? Gab es die überhaupt bisher?

Klar gab es sie: Abschiede, längere Wege zum Freundeskreis und die Koordination spezieller Angebote über größere Distanzen. Gleichzeitig habe ich in der Pandemie gelernt, wie sehr mich Natur erdet. Das Buch von Jon Frederickson „Die Lügen, die wir uns selbst erzählen“ war damals mein persönlicher Anker – die Arbeit an Wahrheit und Akzeptanz hat mir geholfen, durch die Krise zu kommen. Genau diese Haltung nehme ich in den Klinikalltag mit: Hilfe nahe am Leben, verlässlich, im Netzwerk – ohne Stigma und ohne „Verwahrung fernab“. Deshalb habe ich auch in dieser Zeit das Buch übersetzt, um es anderen zugängig zu machen.

Welchen Rat würdest du anderen geben, die auch ins Erzgebirge ziehen möchten?

1. Teste den Alltag – nicht nur Urlaubsstimmung: Probewohnen, Pendelzeiten, Einkauf, Kinderbetreuung.
2. Knüpfe früh Netzwerke: Nachbarschaft, Vereine, Arbeitgeber – das öffnet Türen.
3. Prüfe Mobilität und digitale Infrastruktur (ÖPNV, Car‑Sharing, Homeoffice).
4. Klär deine Erwartungen: Was brauchst du wirklich für gute Lebensqualität?

Was gibt dir hier das Gefühl, im Leben angekommen zu sein, und was bedeutet Heimat für dich?

Angekommen bin ich, wenn Gesichter vertraut werden – im Team, beim Bäcker, auf dem Forstweg. Heimat ist für mich Verantwortung: mich einbringen, Menschen in Krisen wohnortnah unterstützen und Gemeinschaft stärken.

Wie bist du in deinem neuen Arbeits‑Team aufgenommen worden? Wie waren die ersten Tage für dich?

Offen, unkompliziert, hilfsbereit. In der Klinik arbeite ich im Einzel‑ und Gruppensetting eng mit Pflege, Kolleginnen und Kollegen und einem Therapeutenteam zusammen. Die Wege sind kurz, Entscheidungen pragmatisch – das macht schnell handlungsfähig.

Was unterscheidet deine Arbeit im ländlichen Raum von der in einer größeren Stadt?

Mehr Generalismus und Netzwerkdenken. Wir arbeiten eng mit Hausärzten, Beratungsstellen, Vereinen und Angehörigen zusammen, damit Hilfe alltagsnah bleibt – statt Stigmatisierung oder „Verwahrung fernab“. Das entspricht meiner sozialpsychiatrischen Haltung: integrierend, ressourcenorientiert und nah am Leben.

Wie würdest du das Erzgebirge in einem Satz beschreiben?

Ein Ort, an dem Weite und Nähe zusammengehen: Weite in der Landschaft, Nähe im Miteinander.


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Jeder hat ja diesen einen Platz im Leben ... hast du hier einen Lieblingsplatz gefunden?

Ja: der Rabenberg – mit Blick auf die Kliniken Erlabrunn; außerdem der Walter‑Keiderling‑Klettersteig, den ich gern zum Runterkommen nutze.