ERZGEBIRGE WILL VORREITER FÜR SMARTE WERKSTOFFE IN DEUTSCHLAND WERDEN – KONZEPT STEHT ENDE OKTOBER

Etablieren sich innovative Produkte am Markt, sind oftmals auch neue Werkstoffe im Spiel. So auch bei den Leichtbaumaterialien, die künftig immer mehr hochleistungsfähige, intelligente und multifunktionale Anforderungen erfüllen müssen. Die Lösung liegt zum Beispiel in faserverstärkten Kunststoffen– oder eben „Smart Composites“ – die mit Sensoren oder Aktoren ausgestattet werden.

In der Region Chemnitz-Zwickau-Erzgebirge liegen viele Voraussetzungen auf der Hand, um in einem Netzwerk aus Unternehmen, Instituten und Forschungseinrichtungen mit dem Projekt „SmartERZ“ Vorreiter auf diesem Gebiet zu werden. „Smart ERZ“ ist eine von aktuell 32 Projektideen im Förderprogramm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“. Ausgelobt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fokussiert „WIR!“ auf Impulse für einen innovationsbasierten regionalen Wandel in sogenannten strukturschwächeren Regionen. Eine Netzwerkveranstaltung mit etwa 60 Teilnehmern im Technologieorientierten Gründer- und Dienstleistungszentrum Annaberg läutete nun die letzte „heiße“ Phase der Konzeption ein, damit die Projektskizze am Ende diesen Monats eingereicht werden kann. Ziel ist es, Anfang 2019 als eines von ca. 12 Projekten in die Umsetzungsphase bis 2023 starten zu dürfen.

„Der strukturpolitische Ansatz des WIR-Förderprogramms ist wie gemacht für die Region“, konstatiert Jan Kammerl, verantwortlicher Geschäftsbereichsleiter bei der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH ( WFE GmbH ). Die quasi durchindustriealisierte Mittelgebirgslandschaft sei eine Alleinstellung der Region und somit das industrielle Herz Sachsens. „Das ist der Schatz, den wir in der Hand halten, WIR! ist eine fantastische Chance, daraus branchenübergreifend Synergien zu entwickeln, die wir bisher nicht hatten und den Strukturwandel anzupacken.“ Denn das WIR-Programm ist keine klassische Forschungs- und Entwicklungsförderung, sondern ein breiter Ansatz, um Technologiecluster im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wirkungszusammenhang in Regionen zu etablieren, die abseits von Metropolen liegen. Gemeinsam mit der TU Chemnitz und der bemorrow GmbH/Berlin arbeitet die regionale Wirtschaftsfördergesellschaft seit 2017 an dem Thema. In enger Verflechtung mit dem Ballungsraum Chemnitz-Zwickau konnten sich in den letzten 25 Jahren viele Klein- und Mittelständler, zumeist inhabergeführt, am Markt behaupten. Das Projekt soll ein Baustein dafür sein, diese positive Entwicklung nun nachhaltig zu sichern und weiter auszubauen – auch im Hinblick auf die dringend notwendige Fachkräftesicherung.

Lebendiges Netzwerk für eine gemeinsame Vision

Als sehr lebendig beschrieb Luzius Rüedi von der Berliner bemorrow GmbH den Strategieprozess der vergangenen Monate. Gemeinsam sei unter anderem in Workshops eine Strategie zum Aufbau der nachhaltig erfolgreichen Weiterentwicklung des SmartERZ -Verbundes entwickelt worden. Ein Leitbild wurde fixiert, Innovationschancen- und Hemmnisse gleichermaßen analysiert und daraus konkrete Entwicklungsziele beschrieben. „Die Vision aller Partner ist es, dass das Erzgebirge künftig der führende Technologiestandort für das Innovationsfeld Smart Composites ist.“ Die Herstellung dieser neuen Materialien erfordert in Zukunft eine noch stärkere Zusammenarbeit zwischen Textilindustrie/Leichtbautechnologie, der Elektronik/Elektrotechnik, Oberflächentechnik, Kunststoffspezialisten und dem Maschinenbau.

Erfolg liegt schon heute auf der Hand

„Aus meiner Sicht ist das Projekt SmartERZ schon heute ein Erfolg, völlig unabhängig davon, ob wir es in die Förderphase schaffen“, erklärt der Landrat des Erzgebirgskreises, Frank Vogel , und sagt auch warum: „Es ist ein Netzwerk entstanden aus Unternehmen, Forschung und Entwicklung sowie Verbänden, das, so bin ich sicher, in jedem Fall bestehen bleiben wird. So hat schon heute jeder einzelne im Netzwerk gewonnen. Der Sprung in das WIR!-Förderprogramm wäre natürlich das Sahnehäubchen.“ 120 Mitglieder zählt das Netzwerk aktuell. Eine Umfrage unter ihnen bestätigte nicht nur, dass am Projekt SmartERZ ein enormes Interesse in der Region besteht. Vielmehr wünschen sie sich, dass der Verbund auch unabhängig von der WIR-Entscheidung weiter getragen wird. Bis zur Bekanntgabe der Jury-Entscheidung im Februar 2019 werden daher weitere Workshops und Austauschformate zwischen Forschungseinrichtungen und Unternehmen angeboten und die WFE GmbH will als Mittler auftreten, um in der Clusterarbeit für Smart Composites schnell Fortschritte zu erzielen. Maßgeblich von Unternehmen im Automobilzulieferbereich geprägt, liegt in dem Aufgreifen und Forschen an neuen Technologien eine enorme Chance für jede einzelne Firma. Im Falle einer positiven Entscheidung der Jury Anfang 2019 ist es dann Aufgabe des Netzwerkes konkrete Projekte von Forschungsvorhaben über innovative Ausbildung und neue Arbeitsmodelle bis hin zum Marketing auf den Weg zu bringen.

Wenn Autos fühlen können ...

Die funktionsintegrierten „smarten“ Faserverbundwerkstoffe finden beispielsweise Anwendung im Maschinenbau, in der Medizintechnik, im Bauwesen, in der Luft- und Raumfahrt, im Energiesektor, in Sport und Freizeit – und eben im Fahrzeugbereich als eine Kernbranche der neuen Technologien. Marco Walther von der TU Chemnitz erläuterte mit einem Beispiel für alle nichttechnik-affinen Zuhörer unter den Gästen das sehr komplexe Thema so: „Kunststoffe, Textilien oder andere Oberflächen können mit smarten Funktionen versehen werden. Damit können Autos zum Beispiel fühlen lernen.“ Ein Exempel, was für jedermann verdeutlicht, wo SmartERZ künftig mitmischen will.