SERIE: MADE IN ERZ - Lugauer Firma verjüngt stetig ihr Personal

BGH Edelstahl schreibt Ausbildung groß - Nachwuchs ist aber zunehmend schwerer zu finden

VON VIOLA GERHARD

LUGAU - Mehr als 30 junge Leute befinden sich in der BGH Edelstahl Lugau GmbH in der Ausbildung. "Wir sorgen grundsätzlich für eine kontinuierliche Nachfolge", sagt Geschäftsführer Udo Bialke. Normalerweise habe man zwischen zehn und 15 Azubis. Dass es derzeit überproportional viele sind, ist dem Blick nach vorn geschuldet: In den Jahren 2014/15 erwartet Bialke einen "Abgangsschub". Das heißt, eine größere Zahl an Mitarbeitern geht in den Ruhestand. Bis 2018 verliert das Unternehmen altersbedingt 40 Prozent seiner Belegschaft, erklärt der Geschäftsführer.

Ausgebildet werden vor allem Zerspaner und Verfahrensmechaniker, aber auch Industriekaufleute und Elektroniker für Betriebstechnik. Wer seine Sache gut macht, hat eine klare Perspektive: Ausgebildet wird für den eigenen Bedarf, die Chance auf Übernahme ist entsprechend groß. Trotzdem falle es von Jahr zu Jahr schwerer, junge Leute für eine Ausbildung zu gewinnen. Vor ein paar Jahren noch habe man wäschekorbweise Bewerbungen erhalten, sagt Udo Bialke. Heute sei die Situation eine andere. Zum einen gebe es im Großraum Chemnitz viele neue Betriebe, zum anderen nehme die Zahl der Schulabgänger ab. Die Folge: Das Einzugsgebiet sei jetzt deutlich größer. Sogar aus Sachsen-Anhalt kämen Azubis nach Lugau.

Udo Bialke ist sich bewusst, dass die Situation nicht einfacher wird. "Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir zukünftig den Nachwuchs erreichen." Zwar sei man kontinuierlich auf Ausbildungsmessen vertreten, aber das reiche sicher nicht mehr aus.

Man müsse auch neue Wege finden und dort hingehen, wo sich die Jugend aufhält. Der Geschäftsführer schließt nicht aus, Internetplattformen wie Facebook oder den Kurznachrichtendienst Twitter zu nutzen, um an junge Leute heranzukommen.

Udo Bialke stammt aus dem Ruhrgebiet, er begann im Mai 2000 als Geschäftsführer in der Lugauer Firma. Ein Jahr später folgte der Umzug der Familie nach Chemnitz. "Ein Werk lässt sich nicht fernsteuern", begründet der 59-Jährige seinen damaligen Entschluss.

Als Udo Bialke in Lugau anfing, beschäftigte das Unternehmen 190 Mitarbeiter, Azubis eingeschlossen. Derzeit sind es 260. Auch der Auftragseinbruch 2008/09 hat zu keinen Entlassungen beim Stammpersonal geführt, sagt er. Man habe Kurzarbeit gefahren und einige befristete Stellen nicht verlängert. "Statt mit erwarteten zwei sind wir mit einem blauen Auge davongekommen." Geholfen habe dem Unternehmen, dass es zuvor kontinuierlich und in Größenordnungen sowohl in neue Maschinen als auch in die Instandhaltung investiert habe. So sei es in Krisenzeiten möglich gewesen, auf die Kostenbremse zu treten. Weiterer Vorteil: Da man die Materialbestände trotz Krise nicht abgebaut habe, sei man im 4. Quartal 2010 beim ersten guten Auftragseingang sofort lieferfähig gewesen.

Inzwischen investiert die Firma auch wieder kräftig. Zurzeit befindet sich eine neue hochmoderne Schleiflinie eines italienischen Herstellers in der Einfahrphase. Bialke: "Nach meiner Kenntnis ist es in Europa die erste derartige Anlage."

Die BGH Edelstahl Lugau ist eine eigenständige Tochter der Holding BGH Edelstahlwerke GmbH mit Sitz in Freital. Neben Freital und Lugau gibt es weitere vier produzierende Werke. Während die anderen Standorte sogenannte heiße Verfahren (Schmelzen, Schmieden, Walzen ...) anwenden, stellt Lugau die "kalte Seite" der Holding dar. Hier werden gezogener Draht, bearbeiteter Stabstahl und Kaltwalzen gefertigt. 40 Prozent der Produktion werden exportiert, vorrangig innerhalb Europas. Der Jahresumsatz liegt bei mehr als 100 Millionen Euro. Quelle: Freie Presse, Ausgabe Stollberger Zeitung, 06.03.2012