Der knallharte Genussmensch

Dieter Richter kreist seit fast zehn Jahren als Adler über dem Unternehmen, setzt ab und an nur zum Sinkflug an, um sich über die Lage der Firma und die laufenden Projekte zu informieren. Das Bild des kreisenden Adlers hat er selbst geprägt. Tatsächlich steht er mit seinen Söhnen Marco und Dennis mit 74 noch gemeinsam an der Spitze der Firma Richter Erzgebirge.

Er wollte aufhören. Damals, vor über 50 Jahren, als Dieter Richter spät in der Nacht mit dem Fahrrad gegen einen Baum fuhr, weil er so unendlich müde war, hat er ans Aufgeben gedacht. "Ich war nicht in der Lehre", sagt er heute. "Ich war im offenen Vollzug." In einer Eppendorfer Fleischerei wurde der Mann, der heute Chef eines 800-Mitarbeiter-Unternehmens ist, mit viel Zucht und Ordnung ausgebildet.

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Mittendrin in einer Firma, die im Süden der neuen Bundesländer in aller Munde ist: Richter Erzgebirge . Bis vergangenes Jahr hieß die Kette mit mehr als 140 Filialen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen noch Fleischerei Richter - so wie ein Unternehmen aus Löbau auch. "Wir wollten unsere eigene Marke stärken, haben deshalb Namen und Aussehen der Verpackungen geändert", sagt Dieter Richter. In den Prozess der Entwicklung einer neuen Marketingstrategie war er natürlich mit eingebunden. "Ich habe in den vergangenen Jahrzehnten so viele Veränderungen mitgemacht, dass ich da durchaus noch hinterherkomme. Das hält doch jung", sagt Richter und zeigt auf seinen Kopf. "Der Blödmann dort drin ist ein Muskel, der trainiert werden muss."

Und zwar mit eiserner Disziplin. Geistig wie auch körperlich hält sich der Firmenchef fit, indem er leidenschaftlich gern Sport treibt. Im Sommer auf dem Fahrrad und mit den Skirollern, im Winter auf Langlaufskiern. Täglich.

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Für sein Engagement als Förderer des sächsischen Sports wurde Dieter Richter 2007 mit dem Verdienstorden des Freistaates Sachsen geehrt. Darüber redet er gern. "Andere Auszeichnungen sind mir nicht so wichtig", sagt er. "Das Produkt muss stimmen. Darum geht es." Dass er jetzt auch den Goldenen Meisterbrief für den Abschluss vor 50 Jahren erhalten hat, fällt bestenfalls in die Kategorie "Schöne Erinnerung". Damals die Prüfung bestanden zu haben, sei das eine, sagt Richter. Sich bis heute zu behaupten, sei das Wichtigere.

Als Erfolgsrezept nennt der Fleischermeister, dass die Produkte aus seinem Betrieb stets frisch zubereitet würden. Mit Wurst und Fleisch, das künstlich länger haltbar gemacht und zu Billigpreisen verkauft wird, könne er nichts anfangen. "Das ist ja auch nicht gesund. Wir haben heute so viele Menschen mit Hautkrankheiten oder ähnlichem. Das kommt von der schlechten Ernährung. Das gab es früher nicht", sagt er. 

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Quelle: Freie Presse vom 27.11.2018, Thomas Reibetanz