Bergakademie will mit Braunkohle das Erdöl ersetzen

Braunkohle ist zu schade zum Verbrennen, sagt der Freiberger Uni-Rektor. Ein neues Forschungsinstitut soll den Rohstoff veredeln.

FREIBERG : Die Braunkohlevorräte in Deutschland stehen wegen steigender Rohstoffpreise vor ihrer Renaissance als chemischer Grundstoff. Die TU Bergakademie Freiberg bündelt derzeit die Forschungen auf diesem Gebiet und gründet dazu morgen ein neues Wissenschaftsnetzwerk. "Mit zwölf von den derzeit 86 Professoren unserer Uni lassen wir das Deutsche Brennstoffinstitut in Freiberg wieder aufleben", erklärte Rektor Bernd Meyer . Der Name sei zu DDR-Zeiten europaweit ein Markenbegriff gewesen.

Das Institut DBI-Bergakademie soll Wege finden, Braunkohle schon bald nicht mehr nur zu verbrennen, sondern zuallererst in eine Vielzahl chemischer Produkte von Plastik bis Benzin umzuwandeln. Ein Ziel ist, die nationale Abhängigkeit von Erdöl und Erdgas zu senken und in den ostdeutschen Kohle-Ländern Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg tausende Arbeitsplätze in der chemischen Industrie zu schaffen. Dazu finanzieren das Bundesforschungsministerium und Unternehmen wie der Braunkohle- und Stromproduzent Mibrag ein 21 Millionen Euro teures Entwicklungsprojekt. Bis 2015 soll der technische und wirtschaftliche Nachweis erbracht werden, dass sich eine alternative Kohlenutzung lohnt.

In Deutschland werden jährlich rund 170 Millionen Tonnen Braunkohle abgebaut und zu 99 Prozent in Kraftwerken verstromt. "Eigentlich ein Frevel", meint Meyer. Vor etwa 90 Jahren hatte Deutschland eine weltweit berühmte Kohlechemie, die aber in Zeiten billigen Erdöls nahezu zum Erliegen kam. Der Freistaat Sachsen unterstützt deren Wiederbelebung. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hatte kürzlich die Technologieführerschaft Sachsens bei der umweltgerechten Nutzung von Braunkohle gefordert.

Christoph Mühlhaus, Sprecher des Industrie-Verbunds Chemie/ Kunststoff Mitteldeutschland, ist zuversichtlich. "2020 steht der erste Braunkohle-Chemiepark in Leuna", sagt er. Mit der 1,5 Milliarden Euro teuren Investition kämen auch Arbeitsplätze nach Mitteldeutschland. Meyer erwartet hier rund 10.000 neue Jobs. (Uwe Kuhr)

Quelle: Freie Presse, 15.06.2011