Teresa Weißbach: Die zwei Herzen in der Brust der Schauspielerin

Teresa Weißbach ist Schauspielerin, Botschafterin des Erzgebirges und Hauptdarstellerin im ZDF Erzgebirgskrimi. In der Wahlberlinerin schlägt richtig viel Herz für ihre Heimat, das Erzgebirge. Wir trafen die Wahlberlinerin bei Dreharbeiten in der Region und sprachen über Stadt und Land, erzgebirgische Wurzeln und Lieblingsplätze und Beruf und Berufung.

Entspannte Betriebsamkeit herrscht an diesem sonnigen Julimorgen auf dem Gelände der Bergsicherung Schneeberg . Zwischen den ERZ-Autokennzeichen der hiesigen Mitarbeiter reihen sich zahlreiche PKW aus Berlin und München, eine Ecke des Parkplatzes gleicht einem Camp aus Wohnmobilen. Menschen mit Knopf im Ohr und langen Listen in der Hand wuseln umher, große Beleuchtungsapparate werden an Ort und Stelle geschleppt. Die Vorbereitungen für einen Drehtag zum zweiten Teil des „Erzgebirgskrimis“ laufen auf Hochtouren.

Eine, die noch Zeit hat, bis die erste Klappe heute fällt, ist Schauspielerin Teresa Weißbach . Das Gesicht der jungen Frau kennen viele aus dem bekannten Kinofilm „Sonnenallee“, aber auch aus TV-Spielfilmen. Doch die wenigsten wissen, dass in der Wahlberlinerin richtig viel Herz für das Erzgebirge schlägt – weil sie hier geboren und aufgewachsen ist. In Jeans und T-Shirt sitzt sie neben mir, eine normale junge Frau und dreifache Mutter – gefühlt einfach so, als ob man sich schon ewig kennt.

Das gibt es ja nicht, dachte ich, da geht ein Herzenswunsch in Erfüllung,

erzählt Teresa von dem Augenblick im Sommer 2018, als sie die Anfrage für den Hauptcast zum Erzgebirgskrimi bekam. Dort spielt sie die Försterin Saskia Bergelt – eine naturverbundene, geerdete Frau, die bei den Einwohnern anerkannt ist und ein wichtiges Bindeglied zu den Kommissaren darstellt.


Teresa Weißbach im Interview

Episode #10 von Erzgebürger - Der Podcast aus dem Erzgebirge: Teresa Weißbach - Heimat ist ein Gut.

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Es ist ein klares Heimspiel für sie, ist sie doch selbst als Landkind quasi in Wald und Flur aufgewachsen und gibt dieses Gefühl an Freiheit heute so oft es geht ihren Kindern weiter. Bei aller Heimatkenntnis bereitete sie sich dennoch intensiv auf ihre Rolle vor. Sie traf sich mit einem echten Erzgebirgsförster, der seinem Beruf mit ebenso viel Leidenschaft nachgeht wie sie – etwas, das sie begeistert, weil man spürt, den richtigen Weg im Leben eingeschlagen zu haben.

Man merkt voll, dass sie hier zuhause ist,

ruft uns im Vorbeigehen eine Kollegin von Teresa zu. Gemeint ist der erzgebirgische Dialekt , der sonst, ganz klar, in ihrem Job vor der Kamera nicht hörbar ist, nicht hörbar sein darf. Hier färbt sich der Klang ihrer Worte, je länger sie in ihrer Heimat dreht. Immer mehr schimmert auch in unserem Gespräch die Erzgebirgerin durch. „Ich darf auch im Erzgebirgskrimi unseren Dialekt ganz zart anklingen lassen, um regional authentisch zu sein“, verrät sie, die berufsbedingt sonst bestes Hochdeutsch spricht.

Zum Verlernen des Erzgebirgischen bleibt ihr keine Zeit: Mindestens eine Woche innerhalb von zwei Monaten zieht es sie nach Hause zu ihren Eltern nach Stollberg . Aufgewachsen als Tochter einer Bäckersfamilie liebt sie ihre Kleinstadt, das Vertraute an jeder Straßenecke, das Quatschen mit Bekannten aus der Nachbarschaft – und ihr altes Mädchenzimmer, das ihr noch immer ein Gefühl der Geborgenheit vermittelt.

Es ist natürlich eine andere Lebensqualität als in Berlin. Hier gehe ich in unseren Garten raus, mit den Kindern zu allen Jahreszeiten über die Felder ins Wäldchen und kann mit der Natur eins sein,

schwärmt sie und sagt aber auch, dass Berlin eine wunderbare Stadt sei: „Wir haben eine schöne Wohnung mitten im Prenzlauer Berg, viele Dinge sind ganz nah, wie der Eltern-Kind-Kurs, Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants verschiedener Couleur. In sieben Minuten bin ich zu Fuß in der Kita – und das Auto steht meistens still. Sogar ein Stück Landleben habe ich hier gefunden – auf einer Jugendfarm, auf der Kinder sich um Tiere kümmern oder gärtnern, schnitzen, spinnen, töpfern und vieles mehr können.“

Und da hört man sie schlagen: die zwei Herzen in Teresas Brust – eines für die Großstadt und eines für die Landlust.

Das Arbeiten zu dürfen, was sie sich aus tiefstem Herzen gewünscht hat, sieht Teresa als persönliches Privileg. „Ich liebe meine Arbeit sehr. Ans Set oder ins Theater zu kommen ist immer wieder ein so schönes Gefühl“, versucht sie zu beschreiben, was man ihr ansieht: Strahlend und innig grüßt sie Teamkollegen – von Starallüren keine Spur. „Man ist für vier, fünf Wochen eine unglaublich enge Gemeinschaft.“

Vor der ersten Klappe sei sie aber prinzipiell aufgeregt – und das, obwohl die 38-Jährige seit ihrer frühen Schulzeit auf der Bühne steht. Ihre Karriere begann in der dritten Klasse mit einem Zeitungsartikel, der um Nachwuchs im städtischen Kinder- und Jugendtheater „Burattino“ warb. Die Grundschullehrerin drückte diesen Teresas Eltern in die Hand, erkannte im Unterricht ein Talent, das es zu fördern lohnt. Dass damit der Grundstein für eine echte Berufung gelegt wurde, war wohl keinem bewusst.

Sie erinnert sich noch genau an ihre erste Rolle: „Der weinende Pierrot“. „Weinen, Emotionen ausdrücken, übte ich heimlich vorm Spiegel. Ich war schon als kleines Mädchen fasziniert davon, wie man bewusst Ausdruck verändern kann. Das Schauspielern war mein Leben.“ Bis zum 18. Lebensjahr verbrachte sie die Freizeit am Theater. Von einer unglaublich schönen Kindheit erzählt sie, von Engagements mit dem Jugendtheater in Russland, Polen und Belgien.

Dann, auf der Zielgeraden zum Abitur, gab es für sie nur einen Weg: Schauspielschule – ohne Plan B. So endeten die schulischen Infoabende zur Berufsorientierung stets in der Recherche nach allen Schauspielschulen Deutschlands. Das erste Vorsprechen mit 16 Jahren an der Schauspielschule in Rostock mündete direkt in eine Zusage für die nächste Auswahlrunde.

Mit 17 dann das erste Angebot für eine Hauptrolle: Miriam in „Sonnenallee“, jenem Film, der die Mauer thematisierte. Viele hundert Mädchen wurden gecastet, Teresa bekam die Rolle. Fürs Abi lernte sie in den Drehpausen, wo und wann immer es ging. „Ich wollte diesen Weg so sehr gehen, aber ich wollte auch das Abitur schaffen.“

Sie sei ein ganz normaler Mensch, müsse genauso mit Kindern und Mann, einem Regisseur, jonglieren und organisieren zwischen Arbeitszeiten, Kinderarztbesuchen und Kitabetreuung wie andere Familien auch. Das ganz normale Familienleben ist für sie ebenso wenig Routine wie ihr Job als Schauspielerin. In beiden Lebensinhalten muss sie viele Rollen einnehmen – nur beim Schauspiel, da gibt man viele Gesichter und Emotionen einem breiten Publikum preis.

Auf ihren Reisen zu den Drehterminen sind ihre Kinder, die noch im Kindergartenalter sind, oft dabei. Ihnen zu vermitteln, dass Reisen etwas Bereicherndes ist und man sich überall auf dieser Welt wohlfühlen kann, sind Dinge, die sie ihren Knirpsen mit auf den Lebensweg geben möchte. Und dass bei aller Weltoffenheit eines bleibt: die Verbundenheit zur Heimat, zu Land und Leuten, die sie im Erzgebirge ihrer herzlichen, bodenständigen und direkten Art wegen schätzt. Auch deshalb sei sie so stolz darauf, als ernannte Botschafterin des Erzgebirges ihre Liebe zur Region offiziell in die Welt tragen zu dürfen.

Wir beide haben uns verquatscht, unsere Redezeit ist eigentlich um, die Kollegin aus der Regie tippt aus der Ferne auf die Uhr. Die Zeit am Set ist beinahe minutiös getaktet – daher die langen Listen auf den Klemmbrettern. Dabei gäbe es noch ein paar Dinge, die ich gerne von ihr wüsste – zum Beispiel: Hast du einen Lieblingsplatz? Einen Platz, an dem du du sein kannst?

Teresa wird aber zur Garderobe und Maske gebeten – und ruft mir schon halb im Laufschritt zwinkernd zu: „Warte hier – ich ruf dich, wenn ich so weit bin. Dann reden wir weiter.“ Inzwischen wartet aber noch jemand ganz anderes auf sie, ein kleines Mädchen, gerade fünf Monate jung. Die jüngste Tochter braucht Kuschelzeit mit Mama, bevor sie sich wieder vom Opa durch den Ort ausfahren lässt. Heimvorteil eben, wenn die Großeltern fast um die Ecke wohnen und sich über die gemeinsame Zeit mit den Enkelkindern freuen.

Für Teresa indessen ist die Zeit in der Maske eine ganz Wesentliche am Drehort: Dort durchläuft sie nicht nur die optische Veränderung zu ihrer Rolle, sondern stellt sich auch mental von Teresa auf die Försterin Saskia um. Mobile Wäscherei, Kostüme und Maske – alles in einem umgebauten Wohnmobil. Letztere ist ein Paradies an Schminkutensilien auf geschätzten zwei Quadratmetern. Teresa trägt inzwischen einen Habit, die Maskenbildnerin gibt Anweisungen. Alles passiert dennoch in einer routinierten Stille.

Und dann plötzlich sagt Teresa: „Ich hab nachgedacht, was mein Lieblingsplatz ist. Bitte lach jetzt nicht. Aber je länger ich darüber nachdenke, kreisen meine Gedanken wieder und wieder um mein Zuhause, mein Zimmer im Haus meiner Eltern, das noch immer so ist, wie es früher war.“

Ja, und tatsächlich scheint es seltsam und sympathisch zugleich, das von einem Menschen zu hören, der über rote Teppiche läuft und vorübergehend an den schönsten Orten leben darf. Aber: Geht es nicht ganz vielen Menschen so, ganz gleich, ob als Elektriker auf Montage oder Reiseleiter auf der Welt unterwegs?

Und dass ich im Herzen Erzgebirger bin, sieht nach außen jeder zu Weihnachten . Da werden die Männeln geweckt und das Aufstellen der Schwibbögen mitten in Berlin zusammen mit meinen Kindern zelebriert.

Wir reden noch kurz über das Leben und seine Nicht-Planbarkeit, über eigenverantwortliches, nachhaltiges Handeln der Welt gegenüber und darüber, wie Eltern den Kindern Werte fürs Leben mitgeben.

Aber nun muss sie wirklich los. Die erste Klappe des Tages fällt gleich im Vereinsraum der Fundgrube Weißer Hirsch. Ich verabschiede mich von Teresa, die gerade schon viel mehr Saskia, die Försterin, ist, und die faszinierende Frau verschwindet mitten in einer Traube von Männern und Frauen, die im Habit der Bergleute gekleidet sind.

Sie einen im wahren Leben den Bergmännischen Musikkorps der Bergstadt Schneeberg, sind wie Teresa Erzgebirger und heute einmal in ihrem Leben auch Schauspieler. Im Gegensatz zu mir wissen sie, was es mit den Schreien und dumpfen Schlägen, die aus dem Vereinsraum nach außen dringen, auf sich hat. Ich indes muss mich gedulden – bis ich Teresa wiedersehe, zu Hause am Bildschirm im „Erzgebirgskrimi“.

Text: Sabine Schulze-Schwarz
Fotos: studio2media/Erik Wagler und Georg Ulrich Dostmann



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