Hilfsaktion: Bei Spielzeug für Japan verzichtet Erzi auf Gewinn

Der Grünhainichener Spielwarenproduzent hat seit Jahren enge Kontakte zu Händlern in Fernost und liefert nach der Katastrophe seine Erzeugnisse zum halben Preis.

VON GUDRUN MÜLLER

GRÜNHAINICHEN - Spielwaren für Kinder in Japan will das Grünhainichener Unternehmen Erzi Qualitätsprodukte aus Holz GmbH in diesem Jahr zum halben Preis liefern. Dabei verzichtet das Unternehmen auf seinen Gewinn, sagt Geschäftsführerin Nadja Stumm. Verlangt werde lediglich der Betrag, der die Kosten deckt. Zehn Prozent des jährlichen Umsatzes stamme aus dem Geschäft mit japanischen Händlern. Erzi visiert in diesem Jahr eine Umsatzhöhe von 2,8 Millionen Euro an.

"Die Bilder der Katastrophe in Japan gehen mir nicht mehr aus dem Kopf. Wir haben seit 15 Jahren enge Beziehungen zu japanischen Kunden, auch sehr persönlicher Art. Ich war selbst oft Gast in diesem Land mit seinen freundlichen Menschen. Auch wenn keiner unserer Partner in Japan unmittelbar betroffen ist, wollen wir trotzdem helfen", beschreibt Geschäftsführerin Nadja Stumm ihre Beweggründe. "Der Inselstaat ist gar nicht so weit weg, wie es anhand der Kilometer scheint. Denn auch wir sind wie die Japaner von Atomkraftwerken umgeben. Und auch ich habe Angst, dass diese durch einen Zwischenfall bei uns außer Kontrolle geraten könnten. Japan sollte uns deshalb nah sein."

Einige der 40 Mitarbeiter des Unternehmens hätten selbst Mails nach Japan an Händler, die sie kennen, geschickt, und sich nach deren Befinden erkundigt. Die Japaner hätten gerührt auf das Erzi-Angebot reagiert: "Einige teilten uns sofort mit, dass sie ihre Erlöse aus dem Verkauf unserer Produkte nutzen, um vor Ort Hilfsorganisationen zu unterstützen."

Ob die Katastrophe in Japan, die Sicherung der Arbeitsplätze in Grünhainichen oder die Produktion von hochwertigem Spielzeug für Kinder - Unternehmerin Nadja Stumm übernimmt stets Verantwortung für Menschen. Das habe ihr Vater Hartmut Eichinger, der vor 20 Jahren Erzi in Grünhainichen gegründet hat, vorgelebt. Deshalb reagiert sie verwundert, wenn sie gefragt wird, wann sie wieder zurück nach Unterfranken gehe: "Ich lebe seit 1999 in Grünhainichen. Das war anfangs nicht einfach, aber ich fühle mich mittlerweile hier Zuhause."

"Japan sollte uns nah sein."

Nadja Stumm Geschäftsführerin

Die Geschäftsführerin und Gesellschafterin hat mit Erzi große Ziele: Der Umsatz soll sich in den kommenden fünf Jahren fast verdoppeln. Dazu würden dieses Jahr nochmals 200.000 Euro in neue Software und den Maschinenpark investiert. Bereits 2010 sei mit einer gleich hohen Investitionssumme die Logistik im Lager verbessert worden. Die Geschäftsleitung möchte die Entwicklungsabteilung und vor allem den Vertrieb verstärken, denn der Umfang der Lieferungen vergrößere sich. Das Sortiment des Spielwarenherstellers umfasst Kaufmannsläden, Balancegeräte, Spielzeug für drinnen und draußen, das Motorik, Geschicklichkeit und Fitness schult. Das Erzi-Sortiment wird von 30 verschiedenen Osterhasenfiguren ergänzt, die mittlerweile bei Sammlern begehrt seien. "Aber wir werden wohl nie Engel oder Räuchermännchen fertigen", stellt Stumm klar.

In die großen Kaufmannsläden können sich Steppkes hineinstellen und ihre Waren feilbieten: von der Banane, dem Brokkoliröschen, über aufschneidbare Salami, Jogurt, Kuchen, vier verschiedene Fischarten bis zu Eiern. Es sind 300 Artikel, die Lust zum Mitspielen machen - alle aus Holz. Jedes Jahr würden neue hölzerne Lebensmittel dazukommen. "So wie sich das Sortiment im großen Supermarkt wandelt, erneuern wir auch unsere Produkte für den Kaufmannsladen", erzählt Nadja Stumm, die selbst einen Sohn hat.

Die Geschäftsführerin und Gesellschafterin setzt große Hoffnung auf anspruchsvolle Richtlinien, die die EU für die Fertigung von Kinderspielwaren im Juli in Kraft setzen will: "Dann wird es vielleicht gesundheitsschädliche Billigerzeugnisse aus Fernost, die für Negativschlagzeilen gesorgt haben, nicht mehr geben. Wir stellen uns diesen hohen Standards. Unsere Erzeugnisse sind jetzt schon von Prüfinstituten wie dem TÜV geprüft." Quelle: Freie Presse, Ausgabe Zschopauer Zeitung, 06.05.2011