Erzgebirger, die für Holz brennen

29.07.2019

hERZ gemacht! Hier entstehen Dinge zum Leben, Wohnen und Wohlfühlen

Wenn man fragen würde, welcher Werkstoff für das erzgebirgische Handwerk typisch ist, würden die meisten wohl antworten: Holz. Das Holzgewerbe steht nach dem Bau- und Elektro-/Metallgewerbe tatsächlich mit 16 % aller Handwerksbetriebe an dritter Stelle im Erzgebirgskreis. Wenn im Erzgebirge handfestes, klassisches Holzhandwerk der groberen Art auf Kreativität trifft, dann wird manchmal etwas ganz Großes daraus – zum Beispiel ein komplettes Holzblockhaus, das man mit individuellen Möbeln ausstatten kann. Holz ist der Werkstoff, der den Erzgebirgern seit jeher nah ist, Holz steht für Tradition, Gemütlichkeit und vor allem auch Nachhaltigkeit. Zwei erzgebirgische Firmen mit unterschiedlichen Jahresringen eint die Leidenschaft für diesen Werkstoff, die sich in den individuellen Produkten wiederfindet.

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Wohnen im Holzblockhaus – wenn ein Bausatz hoch gestapelt wird.

„Für Holz brennen wir schon immer - und wir haben viel Freude am Bauen“, begründen die Zwönitzer Andreas Hösel und Matthias Vorberg ihre Motivation, komplette Häuser aus abgekanteten Holzstämmen zu bauen. Balken auf Balken entstehen individuelle Blockhäuser unter dem Label ERZHOLZHAUS.DE, die im Innenraum Gemütlichkeit und Leichtigkeit gleichermaßen verbreiten. „So ein bisschen passt das doch zu unserem Menschenschlag“, meinen die beiden.

Jahrelang als pendelndes eingespieltes Montageteam auf Deutschlands Straßen für einen Holzhausanbieter im Westen Deutschlands unterwegs, schätzen sie die Mentalität in ihrer Heimat besonders. Das und mehr Zeit für die Familie waren Hauptgründe, zuhause im Erzgebirge im letzten Jahr etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. In den Köpfen schwirrten seit längerer Zeit aus der Praxis heraus Ideen, wie man Häuser noch besser bauen könnte.

Für Holz brennen wir schon immer - und wir haben viel Freude am Bauen

Im Prototypen wohnt Matthias Vorberg jetzt mit seiner Familie, plant vom hauseigenen Büro aus die Aufträge, stimmt sich mit seinen regionalen Handwerkern ab. Denn der Aufbau der Häuser, für die ein detaillierter Plan eines Bauarchitekten Grundlage ist, erfolgt im Team mit anderen Gewerken. Ein bisschen erinnern der Holzbausatz und die Bauanleitung an einen Karton einer bekannten, bunten Kinderbaustein-Serie. Und fast wie baufreudige Jungen sprühen auch Andreas und Matthias, wenn sie erzählen, wie aus dem finnischen Holz das persönliche Traumhaus horizontal gestapelt und verkeilt wird.

Finnisches Holz übrigens deshalb, weil Bäume am nördlichen Polarkreis dicht gewachsen und damit sehr strapazierfähig sind. Das Holz kommt als Rohware vom Schnittholzzentrum auf die Baustelle, ist also unbehandelt, und erhält erst vor Ort eine imprägnierende Lasur. Ist das Erdgeschoss fertig, kommt auf die Deckenschalung der Holzrahmenbau im Obergeschoss. „Die Bauherren sind bei uns auf der Baustelle gern gesehen zum Mitbauen. So bekommen sie von Anfang an eine persönliche Beziehung zu ihrem neuen Zuhause“, so die Geschäftsführer. Nach einem halben Jahr ist das Haus schlüsselfertig.

Früher ausschließlich als ausführende Handwerker im Angestelltenverhältnis unterwegs, warten heute täglich neue Aufgaben auf die Firmengründer. „Wir werden nie knallharte Verkäufer sein, wir bauen viel lieber die Häuser auf“, geben sie zu. Es geht nicht um Masse, sondern um das Verkaufen einer Lebensphilosophie. Vielleicht treffen sie deshalb vor allem den Nerv jener Leute, die Wert auf regionale und ökologische Produkte legen. Für Freunde des minimalistischen Lebensstils arbeitet das Team aktuell an einem neuen Projekt: Tiny Houses – Minihäusern. Minimalistisch im Sinne von klein – aber hochwertig verarbeitet und ausgestattet, können so Interessenten ein Wohnen in Holz ausprobieren. Das soll übrigens sehr gesund sein, unter anderem durch ein sich selbst regulierendes Raumklima.


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Das Holzhaus steht. Was passt besser rein als auch Mobiliar aus Holz?

Mancher sagt: Holz lebt. Mario Günther ist so ein Mensch. Er ist der Chef von Massivholz-Design, einer Tischlerei in Langenberg, die viel mehr ist als das: nämlich eine Kreativstube, eine Fundgrube an Ideen. Es ist mehr als solides Tischlerhandwerk, was hinter den Türen des 1990 gegründeten Unternehmens am Waldrand passiert. Über 300 Hotels und Gaststätten hat inzwischen das 17-köpfige Team mit immer einzigartigen Raumkonzepten ausgestattet, Spieloasen für Kinder geschaffen, Parkanlagen verschönert, Weihnachtsmarkthütten und Traumküchen kreiert. Kein Produkt gleicht dem anderen – eine Grundverantwortung, der sich Mario Günther gegenüber seinen Kunden stellt. „Ich höre meinem Kunden von Anfang an gut zu, versuche sein Lebensgefühl und Interessen aufzuspüren. All das fließt in das gewünschte Objekt mit ein“, erklärt Mario Günther.

Kombiniert mit Stein, Leder oder Metall entstehen zeitlose Stücke fürs Leben, die so sagt er, mit den Jahren immer schöner werden. Und weil das so ist, kauft er selbst Altholz auf und lässt auch am eigenen Firmengebäude über Jahre Lärchenholz verwittern, das dann seiner zweiten Bestimmung zugeführt wird. Nicht nur der optische Gedanke, auch der ökologische eines gesunden natürlichen Kreislaufes ist ein Grund dafür.

„Die Grundsubstanz, die Vielfalt in der hiesigen Handwerksbranche ist gut“, schätzt der Firmenchef ein. Er muss es wissen, arbeitet er doch in seinen Projekten immer mit einem Stamm von 30 Handwerkern vom Schmied und Elektriker über Klempner, Steinmetz und Maler bis hin zum Polsterer zusammen. Wenn er mit seinem Fahrrad nach der Arbeit und am Wochenende viele Kilometer durch die erzgebirgische Natur strampelt, hat der Designer oft 60 Projekte gleichzeitig im Kopf. 15 bis 20 davon werden meist zeitgleich realisiert.

Basis aller Konzepte sind Bleistiftskizzen, jede einzelne davon auf dem großen Holztisch im Büro könnte gerahmt werden. „Als Viertklässler hab ich vier Stunden am Tag gezeichnet, es war wie eine Sucht. Als 15-Jähriger begann ich Dinge zu zeichnen, die man bauen kann. Selbst Kleidung für meine Freundin hab ich entworfen“, erzählt er schmunzelnd. Heute liegt seine Kraftquelle der Inspiration in der Natur:

Man stellt sich im Leben irgendwann die Frage: Was macht dich glücklich? Ein Leben in Berlin und Leipzig standen vor Jahren auch für mich zur Wahl. Doch ich wusste, ich brauche die freie Natur hier,

erklärt Mario Günther, warum er Jobangebote in den Großstädten ausschlug. Seine gedankliche Freiheit schlägt sich so in den Arbeitsstücken nieder, die in einem Handwerkerteam entstehen, das diese Unternehmensphilosophie teilt. Mit seiner Liebe zum Holz möchte er noch mehr Menschen für seinen Werkstoff und das Erzgebirge begeistern.

Text: Sabine Schulze-Schwarz

Fotos: Regionalmanagement Erzgebirge | Matthias Göthel | Lukas Photografie


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